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Der Schwarze Kanal


Masse statt Klasse

13. 08 2010, 15:02 Uhr von Erik


Die letzten Wochen wurde mein Briefkasten von einer Promoflut überschwemmt, die nach Monaten relativer Ruhe schwer zu begreifen ist. Da werden neue Plattenfirmen aus dem Boden gestampft und Promoagenturen gegründet, die mich mit neuem und altem Kram eindecken, als hänge ihr Seelenheil allein von der Menge verteilter Promoexemplare ab. Und was da alles beworben wird! Irgendwelche CD-Auflagen von Sachen, die schon bei ihrer Erstveröffentlichung vor vier Jahren bestenfalls mässig interessant waren. Nö, darauf habe ich keine Lust. Es gibt soviele neue und vor allem gute Veröffentlichungen, dass ich mit derlei Krempel noch nicht mal diese Resterampe vollmüllen werde.

Die wird nämlich schon von Bands wie Cold Body Radiation in Beschlag genommen, die es sich ohrenscheinlich zum Ziel gesetzt haben, den Hörer durch Langeweile zu deprimieren. Vom Label Dusktone als "Shoegaze Black Metal revelation" beworben, ist es natürlich kein Wunder, dass "The Great White Emptiness" mich nicht vom Hocker haut. Überraschend ist allerdings, dass das Projekt nicht unbedingt wie die anderen Vertreter des angestrebten Ungenres klingt. vielmehr kommen die Holländer wie Funeral Doom ohne Eier daher, locker-flockig-schwerelos. Vielleicht sollte für Musik wie diese das Schubfach Fingernailgaze erfunden werden - viele Leute widmen sich bekanntlich ihrer Maniküre, wenn sie zu Tode gelangweilt werden.

Nicht ganz so einschläfernd kommen Woods of Desolation daher, in deren Promoschreiben sich sogar ein Funken Wahrheit eingeschlichen hat: "[...] a band that doesn't stray far from the beaten path". Das kann man aber laut sagen! Die Australier spielen Malen-nach-Zahlen-Depri-BM, der zwar gefällig ist, aber eben auch völlig ohne eigenen Charakter auskommen muss. Wenn die Promoagentur noch meint, "Sorh" sei "truly a moving work", ist sie denn auch schon wieder mit ihrem normalen Broterwerb beschäftigt: Schwindeln und Schönreden.

Nach zweimal Depri jetzt zur Abwechslung Gerumpel, so fängt Tsorers erstes Lebenszeichen nämlich zumindest an. Sehr old school und roh legt "Return to Sodom" los, doch im Albumverlauf gibt's auch ein paar Keyboardspielereien und recht melodische Leadgitarren, was insgesamt ja schon fast nach einem interessanten Konzept klingt. Leider werden die beiden Facetten der Band nicht sonderlich überzeugend miteinander verknüpft. Und echte Hits, die über diesen Mangel an Koheränz hinwegtrösten könnten, gibt es auch keine.

Über einen Mangel an Koheränz braucht man sich bei Sator Marte nicht beklagen, die Lieder auf "Za Zdmi" wurden nämlich alle mit der gleichen (schon derbe abgenutzten) Norsecore-Schablone entworfen. Schwungvolles Midtempo mit einigen schnelleren Passagen wird geboten, sehr kompetent gemacht, mit kraftvollem Bass versehen, aber leider eher höhepunktfrei und absolut nichts, was im Ohr hängen bleiben würde.

Nach soviel unspannender Fahrstuhlmusik zum Abschluss die übliche Plattenempfehlung. Dusze Wypuscil ist ein weiteres Projekt aus dem Furia-Umfeld - und wieder ein ziemlich interessantes. Neben allerlei Samples und Spielereien und simplem, rohem BM mit sehr wirkungsvollen Riffs bietet der Zehnzöller "Ludowy Nihilizm Absolutny" auch ganz eigenartigen Frauengesang irgendwo zwischen Geschreie und Melodie; absolute Gänsehautgarantie. Eigentlich hätte dieses Tondukoment eine ausführlichere Vorstellung verdient, doch da das Ding aufs lächerlichste limitiert ist, will ich es bei dieses Zeilen hier belassen. Albernes Getue, diese Pseudoquasisotunalsobhalböffentlichkeit.


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