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Drittes Album. Make it or break it, wie der Volksmund weiß. Na, schaun mer mal...
Der erste Eindruck ist wenig verheißungsvoll. Potthässliches Cover mit unansehnlichem Photoshop-Gemansche, ziemlich
schlimm. Nach dem überflüssigen Intro ist das erste Lied dann zwar besser als der optische Eindruck, aber sonderlich
begeistern kann mich das Gebotene nicht. Irgendwie zerfahren das Ganze. Eine richtig gute Idee scheint nicht
vorhanden zu sein, also versucht man es stattdessen mit vielen nicht so guten. Das Ergebnis ist ein nichtssagendes
Stück BM, von dem wenig bis gar nichts hängenbleibt und dem ein natürlicher Fluss fehlt. Immerhin ist die Produktion
ganz in Ordnung, kräftig, aber nicht zu poliert, damit kann man leben. Mit der Musik dagegen tue ich mich weiterhin
schwer. Das zweite Lied bringt keine Besserung, eher im Gegenteil: Um die allgemeine Uninspiriertheit zu vertuschen,
führt man jetzt auch Death-Metal-Riffs ins Feld. GANZ schlechte Idee. Ansonsten weiterhin Stückwerk, sodass ich nach
weniger als zehn Minuten schon etwas ungeduldig werde. Doch dann ein Lichtblick! Eine schöne Gitarrenmelodie taucht
aus dem Nirgendwo auf und gibt mir Kraft und Ausdauer.
Leider sind die nötig, denn "Feindtbild" will einfach nicht richtig zünden. Klar, ein paar gute Ideen haben Creature
durchaus. Doch werden die eben regelmäßig durch zwanghafte Prügelabschnitte oder schlechten DM ruiniert. Es gibt
schöne Momente, aber im Prinzip keine guten Lieder. Kein Spannungsbogen hält ein komplettes Stück durch, immer wieder
kommt eine schwache Idee dazwischen, um die Stimmung zu drücken. Bis hin zum vorletzten Stück ist "Feindtbild" ein
durchwachsenes Album, auf dessen Grundlage man der Band keine sonderlich großartige Zukunft vorhersagen möchte. Doch
dann kommt "World Decadence"...
... und ich bin erstmal verwirrt. Ungläubig skippe ich zurück. Kann das sein? Nach all dem anstrengenden Mittelmaß?
Ohrenscheinlich kann es: Creature haben einen absoluten Hammersong geschaffen, der sich vor nichts und niemandem
verstecken muss. Treibendes Midtempo, geniale Gitarrenmelodie, Gänsehaut schon nach ein paar Takten. Und tatsächlich
kriegen sie das Ding trotz Überlänge nicht verhunzt. Im Gegenteil: Zur Halbzeit fahren die Jungs Keyboards und Bläser
auf, die selbst Sear Bliss alt aussehen lassen. Mächtig! Warum nicht gleich so? Warum muss man sich erst durch 35
halbgare Minuten kämpfen, bevor sich die Band dazu herablässt zu zeigen, was sie wirklich kann?
Wenn Creature diese Klasse irgendwann mal auf Albumlänge liefern können, dann haben wir es mit einem 11-Punkte-Klassiker
zu tun. "Feindtbild" allerdings ist ein sehr zwiespältiges Album. Ich kann niemandem ernsthaft empfehlen, für sieben
begnadete Minuten den Preis eines kompletten Albums zu bezahlen. Andererseits sollte man "World Decadence" wirklich
kennen. Männer, wie wär's mit einer Singleauskopplung? |
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