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Nach zwei Minuten denke ich: "Hünengrab"? Nach dreieinhalb: "Anthems"? Das also ist es, das erste "richtige" Album
von Drautran, das nach schier endlosem Warten nun endlich das Licht der Welt erblickt. Wenig später gesellt sich
moderner Norge-Death hinzu, und ich müsste lügen, wenn ich behaupten wollte, dass mir das per se gefällt. Doch
Drautran schaffen es, nicht so leblos nach Plaste zu klingen wie die Vorbilder aus dem Norden. Leidenschaft heißt
das Stichwort. Leidenschaft und Intensität. "Throne Of The Depths" ist ein stürmisches Album, das spätestens beim
zweiten Durchlauf mit Urgewalt begeistert und auf Dauer mit Details fesselt.
Und im weiteren Verlauf entwickelt die Scheibe auch immer mehr eigenen Charakter (obwohl ich Emperors mittlere
Phase insgesamt schon als deutlichen Einfluss bezeichnen muss). Das "heidnische Element" tritt stärker hervor;
"heidnisch" dabei selbstverständlich in ähnlicher Bedeutung wie bei Enslaved oder Helheim vor über zehn Jahren.
Epischer werden die Stücke, nach dem riffbetonten Auftakt wagt sich die Band an weiter ausholende Melodiebögen.
Meine persönlichen Lieblingsstücke haben sich Drautran für die zweite Albumhälfte aufgehoben, allen voran das
treibende "Styrt Ned I Mælstraumen" und "Hehre Runen in Dämmer und Eis". Doch diese Auswahl ist eine reine
Geschmacksangelegenheit, keine Frage der Qualität.
Bevor ich "Throne Of The Depths" zu hören bekam, war ich sehr skeptisch. Zu groß die Gefahr, dass man es nach all
den Jahren und endlosen Verzögerungen einfach versaut. Dass man zu lange an den Liedern herumdoktort. Dass man die
Energie wegproduziert. Dass das Ergebnis letztendlich abgestanden wirkt. Zu meiner Überraschung haben Drautran aber
ein durchaus ruppiges Werk vorgelegt. Die Band hat sich etwas Archaisches bewahrt. Natürlich ist die Musik
vielschichtig und nicht sonderlich "old school", aber das Wilde, Ungestüme haben Drautran sich erhalten; schon die
tatsächlich leidenschaftlichen Gesangsdarbietungen machen das mehr als deutlich.
Um es auf den Punkt zu bringen: Während heutzutage circa 90% der sich mit dem Attribut "Pagan" schmückenden Bands
grenzdebil das Methorn schwenken, dummes Zeug reden oder Humppa tanzen und Helrunar die "intellektuellen"
Barden geben, sind Drautran die Krieger, die Lindisfarne verwüsten. Oder die den Römern den Hintern versohlen. In
welcher Tradition genau man Drautran sehen will, das sei jedem selbst überlassen. |
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