LEICHENBRAND

Ein Schneesturm kommt (CD 2007)


Das Projekt Leichenbrand hat von Mai 2006 bis Februar 2007 drei komplette Alben mit insgesamt zweieinhalb Stunden Musik rausgebracht. Angesichts dieser Zahlen von Skepsis zu reden, wäre reine Untertreibung: Ich habe gar nicht soviele Augenbrauen, wie sich zweifelnd in Richtung Haaransatz aufmachen wollen. Doch ich will versuchen, meine Boshaftigkeit unter Kontrolle zu halten und "Ein Schneesturm kommt", dem neuesten Werk, möglichst unvoreingenommen entgegentreten.
Zum Auftakt gibt's ein Keyboardintro, nicht schlecht, aber auch nicht gerade genial. Irritierend ist der "klare" Gesang, der in mir den Wunsch weckt, dass es sich hierbei um ein einmaliges Experiment handeln möge. Das erste richtige Lied fängt dann gar nicht übel an, flotter Black Metal wird geboten, dezent melodisch, mit kraftvoll rauschenden Gitarren. Der elektronische Aushilfstrommler ist nicht gerade das Gelbe vom Ei, etwas zu künstlich und zu laut, allerdings habe ich das alles auch schon viel schlechter gehört. Soweit also nicht völlig hoffnungslos, Forest Of Fog kommen mir als ähnlich klingendes Projekt in den Sinn. Dieser Eindruck muss jedoch schon kurz nach der Eine-Minute-Marke revidiert werden. Die Musik wird sanfter, es gibt heftig leiernden "Klar"gesang, und insgesamt will mir die (zugegebenermaßen nur auf Vorurteilen basierende) Assoziation Gothicdisco nicht aus dem Kopf. Bei aller Liebe, das ist schon ziemlich furchtbar. Und als ob Leichenbrand es mir besonders schwer machen will, ist das folgende Stück dann sehr dumpfthrashlastig. Naja, vielleicht war das die einzige Möglichkeit, den völlig belanglosen Riffs wenigstens ein bisschen Scheinleben einzuhauchen.
Nun, ich habe wenig Lust, hier jedes einzelne Stück zu sezieren, das bringt ja nichts. Stattdessen will ich zusammenfassend festhalten, dass Leichenbrand halbwegs erträglich ist, wenn man sich in BM-Gefilden bewegt. OK, die Rhythmusmaschine ist, wie gesagt, nicht so toll und richtige Hits fehlen auch, aber insgesamt könnte man darauf aufbauen. Was mir jedoch richtige Bauchschmerzen bereitet, ist der ganze Rest. Von dem gibt es eine ganze Menge, und bei den genannten Unfalltypen bleibt es leider nicht. Immer wenn man denkt: "Jetzt hat er sein Experimentierpotential endlich erschöpft und konzentriert sich auf das Wesentliche", kommt Mister Leichenbrand mit einer neuen unterwältigenden Idee daher. Schlimmstes Beispiel ist wohl die versuchte Kreuzung alter The Cure mit Gröhlpunkgesang bei "...Und es sah ein Mensch herab". Die im weiteren Verlauf der Scheibe zu hörenden Ausflüge in die Gefilde Böhsen Prollrocks sind allerdings auch nicht ohne. Es ist dieser in meinen Ohren völlig geschmacklose Hang zur Vielfalt um jeden Preis, der "Ein Schneesturm kommt" letztendlich unanhörbar macht. Da helfen auch ein paar recht gelungene BM-Ansätze nicht viel.

2 /10

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Erik
11.09.2007