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Es gibt viele Bands, die mit der Zeit immer progressiver und keyboardlastiger wurden. Doch es gibt auch das
Gegenteil: Limbonic Art. Leider kommen die neueren Alben nicht ansatzweise an "Moon In The Scorpio" heran, was aber
fast ein Ding der Unmöglichkeit gewesen wäre. Denn auf "Moon In The Scorpio" stimmt einfach alles. Limbonic Art
erzeugen mit den vielen Keyboardeinsätzen eine Atmosphäre, die viel düsterer ist als diejenige, die die allermeisten
keyboardverneinenden Bands jemals erreichen werden.
Gleich zu Beginn wird der geneigte Zuhörer mit einem seltsam anmutenden Intro überrascht, der einem aus ungeahnten
Tiefen kommenden Schleier gleicht, der alle anderen Gedanken überdeckt, sodass man sich bestens auf die Musik
konzentrieren kann. Nach einem kurzen aufbauenden Keyboardteil geht die Schlacht auch schon los: Während die
elektrische Gitarre eine Basis für das Keyboard bildet, prescht ein sehr gut programmierter Drumcomputer (da man
kaum bemerkt, dass es einer ist) auf einen ein. Bald kommt auch schon der kreischende Gesang des Frontmanns dazu.
Auch wenn im ersten Lied "Beneath The Burial Surface" die Geschwindigkeit zwischendurch kurz gezügelt wird, so
bleibt die Atmosphäre im 13 Minuten langen Lied durchgehend düster und bedrohlich, und wechselt zum Schluss in
einen ruhigen Teil mit Geflüster und Glocken. Ganz am Schluss des Liedes wird wieder der Schleier "geworfen", der
auch nach den meisten anderen Liedern folgen wird.
Die genialen Melodien und die dunkle Atmosphäre wird das ganze Album hindurch gehalten, mit einigen Ausnahmen,
wie z.B. dem majestätischen 2 1/2-minütigen Intro des Stückes "Beyond The Candles Burning". Man verfällt auch fast
nie in Monotonie und bleibt durchgehend abwechslungsreich, die Lieder lassen sich bestens auseinanderhalten, was
beispielsweise durch die ersten eineinhalb Minuten des Liedes "In Mourning Mystique" auffällt, in denen auch klarer
Gesang vorkommt (der dafür aber ziemlich verrückt wirkt). Die Monotonie scheint nur bei diesem eben erwähnten knapp
viertelstündigen Stück durch. Dafür verstärkt diese Monotonie die sowieso schon mitreißende Atmosphäre, die bei
diesem Lied sogar ein bisschen romantisch wirkt. Aber nicht wie irgendein schnulziger, harmonischer Sonnenuntergang,
sondern viel mehr wie ein Tanz mit dem Tod in Form einer blassen, aber schönen Frau in einer eiskalten Vollmondnacht
(nebenbei erwähnt passt auch das Artwork mit dem Vollmond und dem heulenden Wolf bestens). Wenn das Lied bei 12
Minuten vor scheinbarer Erschöpfung fast zusammenbricht, legt man noch einen drauf und zündet das Feuerwerk an
Emotionen im Zuhörer erneut an. Wen solche Stellen kalt lassen, dem ist wahrscheinlich nicht mehr zu helfen.
Zuletzt erwartet einen noch die Höllensymphonie "Darkzone Martyrium", die zuerst einen beschwörend wirkenden,
hastig gesprochenen Teil aufweist und nach einer Minute in ein zerstörerisches Inferno übergeht. Zum Schluss
beruhigt sich dann das Ganze und das Geflüster gewinnt wieder die Oberhand. Doch wirkt es dieses Mal (zumindest der
menschliche Teil davon) niedergeschlagen und müde. Schließlich verebbt auch das Geflüster (und bei diesem Lied
wird auch auf den "Schleier" verzichtet), doch nicht alles ist nach dem Album vorbei: Man fühlt sich völlig anders
als zuvor, zumindest wenn man dieses Meisterwerk aufmerksam durchgehört hat. Es ist mir schon vorgekommen, dass ich
danach keine Ahnung hatte, was ich nun hören sollte, da mir sonst nichts gut genug erschien. Solche Gefühle lassen
nur ganz wenige Werke in mir zurück. Und Limbonic Arts "Moon In The Scorpio" gehört für mich so klar zu diesen
schier unerreichbaren musikalischen Höchstleistungen, wie der Glaube an irgendwelche Gottheiten ins Reich der
Märchen. Nur einen einzigen Nachteil kann ich nennen: Dieses Meisterwerk dauert eine knappe Stunde, wo man sich
doch wünscht, es möge nie aufhören...
"Moon In The Scorpio" ist für mich der beste Beweis, dass die elektrische Gitarre auch durchgehend eine völlig
untergeordnete Rolle haben kann, ohne dass eine Veröffentlichung gleich kitschig und schlecht tönt. Schlussendlich
gilt, wie schon öfters erwähnt, dass man mit Worten der Atmosphäre, die hier geboten wird, niemals gerecht werden
kann. Deshalb empfehle ich jedem, dem dieses Album noch unbekannt ist, es sich zu besorgen. Denn sonst verpasst man
in jedem Fall etwas. In Zahlen zusammengefasst: |
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