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Koldbrann, das ist ein Fall für Große Erwartungen auch wenn in meinen Ohren das Debüt mit der Zeit etwas an Glanz
verloren hat. Also war es wahrscheinlich gar keine schlechte Idee, jene Erwartungen mit der bestenfalls "ganz
netten" "Atomvinter"-EP etwas zu dämpfen. Funktionieren kann das natürlich nur, bis man das neue Album kennt. Dann
wird sich im Lager der Koldbrann-Freunde wieder Euphorie einstellen, denn "Moribund" beweist, dass den Norwegern
nach der kleinen schwarzen Zwischenmahlzeit keine B-Seiten mehr eingefallen sind.
Erfreulicherweise ist Koldbrann II keine reine Kopie des Vorgängers geworden. Die Band geht heuer etwas variabler
vor, und insgesamt wirkt das Material einen Hauch eingängiger. Natürlich hat man die stärksten Attribute von
"Nekrotisk Inkvisition" bewahrt; der Sänger glänzt noch immer mit einem sehr charakteristischen Organ, und der
Schlagzeuger dürfte mit seinem markanten Spiel wohl einer der ganz wenigen Stöckeschwinger im BM sein, die so etwas
wie einen eigenen Stil besitzen. Auch sind die Ausbrüche des guten Mannes nach wie vor unwiderstehlich; wenn die
Band voll auf's Gaspedal tritt, dann wird ein pechschwarzer Wirbelsturm entfacht. Doch ohne Licht kein Schatten, um
also das Inferno voll zur Geltung zu bringen, muss es ab und zu auch etwas gemäßigter zur Sache gehen. Und genau
das verstehen Koldbrann im Jahre 2006 besser als je zuvor. So glänzt "Moribund" vermehrt mit langsamen, ja beinahe
schleifenden Abschnitten, bei denen dissonante Riffs und subtile Melodien für morbide Atmosphäre sorgen. Darüber
hinaus sorgen rockige Momente mächtig für Stimmung, wobei "rockig" im ursprünglichen Sinne zu verstehen ist, nicht
als neo-norwegische Langeweile. Und dann gibt es Passagen, in denen der Gegner nicht durch MG-Feuer vernichtet,
sondern von einem Panzerbataillon überrollt wird. Zum Beispiel "Smell Of Vitriol" kulminiert in so einem für
Koldbrann-Verhältnisse wohl mittelschnellen Abschnitt, der dank unaufhaltsamer Rhythmik und schneestürmendem
Riffing zu einem der absoluten Höhepunkte des Albums wird.
Apropos Höhepunkte, von denen gibt es zahlreiche. Und vor allem basieren die nicht alle nur darauf, dass gerade
besonders derbe geprügelt wird. Sicher, der Knüppel regiert bei Koldbrann nach wie vor recht häufig. Aber "Moribund"
bietet darüber hinaus genug Abwechslung und atmophärischen Tiefgang, dass das Album auch in sechs Monaten noch
interessant sein dürfte. |
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