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Streichelweich war die schwedische Legion noch nie; und so wie es momentan aussieht, hält sie auch weiterhin an
dieser Tatsache fest. Wenn die Menge nach dem Prinzip des Quartetts tanzt, werden ekstatisch gesteppte Schritte von
unzähligen hektischen Pausen oder wilden, kaum durchschaubaren Mosh-Einlagen unterbrochen. Dass diese hochtechnische
Melange viele abschreckt, mag nur allzu verständlich sein. Doch diejenigen, denen derartig krasse Eckdaten erst
recht den Tag versüßen, kommen hier voll auf ihre Kosten.
Nach wie vor liefern sich die Sechssaiter abartig mathematische Schlachten, deren Detail-Vielfalt und fehlerloses
Spiel dem armen Kopf-Hörer eben jenen am Boden zerschellen lässt, selbst wenn man solche bunten Speisen alltäglich
einnimmt. Da zersetzt man ein Riff, baut es im Lego-Stil unglaublich oft um und schmeißt alle erdachten Varianten
nacheinander in den Liedkanal. Oder - sofern dem zuständigen Komponisten ein kreavtiver Schub widerfuhr - man steckt
ein paar passable Einfälle dermaßen eng zusammen, dass einem binnen zehn Sekunden vier bis fünf verschiedene
Melodien entgegengeschmettert werden. Konkrete Beispiele für beide Extremfälle finden sich in allen neun Sätzen.
Wenn dem Viergestirn die Luft auszugehen droht, packt man Mid-Tempo-Abschnitte aus, die zwar lascher abgespult
werden, dafür umso eher im Ohr festsitzen - logisch, denn wer kann sich schon das stellenweise recht arge
Griffbrett-Rumgewichse merken, das auf "Revocation" keine geschätzte Seltenheit ist? Des weiteren kommen, um der
Atmosphäre den nötigen Tribut zu zollen, ordentlich gespielte Synthesizer-Geschichten ins Spiel, die es natürlich
nicht wagen, das Zepter in die Hand zu nehmen und sich selbst die Dominanz-Krone aufzusetzen. Aber auch von Samples,
die vom erschöpftem Keuchen bis hin zu immer lauter werdendem Orchester-Terror die gesamte morbide Bandbreite
abklappern, macht der Vierer im gezügelten Maße Gebrauch. So darf der Siebenminütler "Bloodgate" nicht nur beide
erwähnten Goodies, sondern zusätzlich noch ein richtig nettes Hauptthema zu seinen musikalischen Waffen zählen.
Geputzt und einigermaßen nachvollziehbar hergerichtet haben wir es also mit einem ausgezeichneten Stück zu tun, das
mir noch ein paar Male durch den Gehörgang rasen wird.
Selbiges gilt für die gesamte Platte. Anfangs muss man angesichts der hiesigen Vielfalt den Körper zur Wand richten
und sich von den vielen kleinen Kugeln durchbohren lassen, bis einem schließlich das Licht aufgeht und der Spaß an
dem zweiten Album des Schwedenbombers keine Grenzen kennt. Die Scheibe offenbart nur demjenigen ihre wahre Schönheit,
der sich auch lange genug mit ihr auseinander setzt - heutzutage aufgrund des übersättigten Spaß-Marktes leider eine
rare Erscheinung. |
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