ELITE

Bifrost (CD 2006)


Kompakt und knackig statt ausschweifend und episch bis zur Vergreisung - Elite haben die Würze in der Kürze entdeckt. Wo sich anfangs noch überlange Lava-Stücke langsam ins Trommelfell des Hörers ergossen haben, werden dieser Tage bewährte Mittel zur schnellen Vernichtung von Nackenwirbeln wie Snare- und Double-Bass-Attacken angewandt. Aber selbst diese Truppe aus dem sehr hohen Norden kann ihre Wurzeln nicht vollständig ablegen und wartet im letzten Stück mit langsameren Passagen auf, die aber für "Kampen" nichtsdestotrotz zu schnell gewesen wären. Zu dieser "Problematik" später mehr.
Die Norweger stellen sich also gegen ihre jungen Wurzeln und gehen songtechnisch in eine völlig andere, weitaus bühnenfreundlichere Richtung. Während konservative Verfechter des Reinheitsgebotes angesichts solch einer Entwicklung laut aufheulen, freue ich mich hingegen über diesen Schritt. Denn obwohl beim erstmaligen Hören nur widerwillig der Glaube einsetzt, dass das wirklich Elite sind, findet man schnell Gefallen an dem Album. "Æreløs" darf als erstes ran und macht von der ersten Sekunde an keine Gefangenen. Kraftvoll steuert die fünfköpfige Besatzung einem wirklich abgefahrenen Chorus entgegen, wenig später wandert sie durch thrashige Felder, wiederholt den Beginn, um ja bei der logischen Sache zu bleiben und schon ist es wieder vorbei - dreieinhalb Minuten verfliegen wie wenige Augenblicke. "Tåke" geht etwas gemächlicher los, lässt jedoch im Gegenzug einige wirklich nette Ideen vom Stapel, die sich sofort im Gehirn festsetzen und einen wochenlang zum Nachsummen bewegen. In die selbe Kerbe schlägt "Vikingfjord", das, gemäß dem Namen, eine ebensolche Atmosphäre verbreitet, d.h. Schunkelriffs, rhythmisch pointierte Texte und "Hej!"-Rufe im Refrain. Im Prinzip ebenfalls nicht schlecht ausgearbeitet ist das midtempolastige "Vinterlåst", der einzige Beitrag, dem Killermelodien fehlen und somit neben den anderen Songs etwas untergeht. Sobald jene Nummer verstummt, meldet sich "Isberg", der komplexeste Bestandteil des vorliegenden Langläufers, zu Wort. Unheilvoll wie melancholisch gestaltete Abschnitte wechseln sich gegenseitig ab, ohne irgendwie unrund aufeinander abgestimmt zu wirken. Den Höhepunkt erreicht "Bifrost" im gleichnamigen Lanzenbrecher, dessen abartig eingängiges Wechselspiel zwischen bangfähigen Strophen und rasenden Bridges eine sichere Live-Granate darstellen. Hammer! Der "Bekmørkt"-Vorbote "Misteltein" sollte den meisten Anhängern schon bekannt sein, da jene Komposition (bis auf den Sound natürlich) eins zu eins übernommen wurde. Bis auf den passablen Mittelteil leckt das Gefährt nach wie vor an Spannung, da die hier dargebotenen Tempoattacken keineswegs revolutionär klingen. Dafür werden zum Abschluss nochmal alle Kräfte mobilisiert, um dem schleichend-morbiden Sahnehäubchen "Krampetak" ein paar irrwitzig flottgehende Raketen unter den Songwriting-Anorak zu schieben, die funkensprühend alles Umliegende verbrennen.
Wer auf der Suche nach sofort zündendem Norsecore ist, sollte sich den vorliegenden Achtteiler zulegen. "Bifrost" offenbart eine andere Seite "elitären" Songwritings, das der Gruppe sicherlich gut zu Gesicht steht und förmlich danach schreit, vor Publikum gespielt zu werden. Hoffen wir mal auf weitere Band-Aktivitäten in diesem Bereich, das hat das Material meiner Meinung nach redlich verdient.

8 /10

Official Website

No Colours Records

 

Amicus
21.03.2006