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Schön, dass es noch Ein-Mann-Angelegenheiten gibt, denen der Mut zu Höherem nicht durch lausige Kritiken verloren
geht und die eisern an vorgesetzten Zielen festhalten. Wo "Wanderszeiten" noch ein eher maues Unterfangen war, "Der
Forst im Frühjahr" nur leicht besser an den Start ging, aber "Jahreszeiten" zeitweise schon ziemlich nett war, haut
Nerrath nun zum mittlerweile vierten Mal in voller Länge zu. Diesmal ist nebst üblichem Instrumentarium auch ein
echtes Alpenhorn dabei, das zwar spärlich, dafür aber umso imposanter eingesetzt wurde und den individuellen
Charakter des naturverbundenen Projektes unterstreicht. Doch will der Interpret durch solche Gimmicks nur von
anderen Problemen, die sich eventuell auf der Platte befinden könnten, ablenken?
Keineswegs, wie ich finde. Im unmittelbaren Duell mit dem Vorgänger kann, nein, muss ein deutlicher Fortschritt in
allen Belangen attestiert werden. Am deutlichsten sticht das ausgewogene Verhältnis zwischen den einzelnen
Saitenwänden hervor, deren Bandbreite von lautstärkekräftigem Stolz bis hin zur schleppenden Schwermut reicht.
Jedes Lied hat jetzt mindestens eine wirklich gute Tonfolge zu bieten, was früher für manchen Zeitgenossen undenkbar
gewesen wäre. Besonders hervorzuheben ist der zweite Teil von "Alpenland", dessen spannender Aufbau, untermalt mit
einigen Hammer-Samples, deutlich macht, wie stark sich Horn gebessert hat. Diesem Niveau kommt das ausgezeichnete
Titelstück sehr nahe, dessen heimatverbundenes, erhabenes Riffing einen schlichtweg umhaut, allerdings dann doch
etwas zu konstruiert daherkommt.
Die Scheu vor rein synthetisch-atmosphärischen Landschaften hat der Alleinunterhalter abgelegt, was sich sowohl in
diversen Keyboarduntermalungen quer durch die Platte als auch im zehnminütigen Abschlussszenario widerspiegelt.
"Als der Mensch sich selbst erlag" ist eine typisch ruhige Nummer um abzuschalten - passives statt aktives Zuhören
also. So eingängig wie hier wird auf dem neuen Album selten gearbeitet, der Großteil baut auf langlebiger
Verschachtelung bei gleichzeitiger Erhaltung des berühmt-berüchtigten roten Fadens auf. "Spätherbst" bildet hier
eine Ausnahme, baut dieser schließlich auf einen kriechenden Rhythmus, erwartet nachdenkliche Melodien sowie wenige
tastendominierende Unterbrechungen. Ansonsten bietet "Die Kraft der Szenarien" gut ausgefinkelte Songs, denen aber
noch irgendwie der letzte Schliff fehlt. Mal hätte ich gerne eine weitere Gitarrenspur gehört, anderswo wiederum
keine. Ein anderes Mal nervt der penetrant stechende Gitarrenton, wenn Nerrath am unteren Ende des Halses
werkelt.
Im Großen und Ganzen macht das Album jedoch einen fabelhaften Eindruck, wenn man die Fortschritte seit "Jahreszeiten"
mitbekommen hat. Beim nächsten Output müssen nur noch die kleinen Details passen und schon haben wir ein wirklich
großes Werk. Dass Horn an dieser Aufgabe scheitern werden, bezweifle ich jetzt, wo ein wahrer Quantensprung
vollzogen wurde, sehr. |
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:: English version ::
It's nice to see that there are still some one-man projects that loyally stick to their targets even if it looks
like they should have lost their motivation due to some lousy reviews. "Wanderszeiten" was a somewhat amateurish
release, "Der Forst im Frühjahr" was just a little bit better, then "Jahreszeiten" already showed some good ideas
and now, Nerrath strikes for the fourth time. This time you will hear a real alphorn besides the usual instruments
of this genre, it is used only on a few occasions but those moments are all the more impressive. Furthermore, the
alphorn emphazises Horn's indivdual character that is closely tied to nature. One may ask if the artist simply
wants to hide some other mistakes by using such gimmicks?
Certainly not in my opinion. Compared to the previous records, you can, no, you have to attest nocticeable progress.
The well balanced measure can easily be heard by the riffs, their bandwith ranges from powerful pride to dragging
melancholy. Every track at least shows one really well done melody. To point out Horn's development, I especially
want to mention the track "Alpenland II" whose structure is full of tension and accompanied by hammer samples.
Quite up to this level reaches the excellent title track whose "homebound" riffing simply blows the listener away,
in the end the song is a little bit too structured, but that is the only downer of this great track. Nerrath also
lost his dread of creating synthetic-atmospheric landscapes, you can hear this by keyboard backgrounds and a ten
minute outro. "Als der Mensch sich selbst erlag" is a characteristic slow track to get away, passive not active
listening. This must be mentioned as the albums most catchy point, the major part works with nestings by always
having the thread in mind. "Spätherbst" is the exception, coming with a creeping rhythm and contemplative melodies
as well as some keyboard-dominated breaks. In other respect, "Die Kraft der Szenarien" provides lots of sophisticated
tracks that would only need some final polish. At some points I'd like to heat that additional guitar line,
sometimes a bit less. Some other time when Nerrath is working at the edge of the guitar the penetrative sound
annoys me.
Overall the album leaves an impressive picture (if you noticed the achievements since "Jahreszeiten"). Only some
minor details have to be corrected for the next album, and we are going to hold a great work in our hands. I don't
think Horn will fail in this task, now that a quantum leap has been made.
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