|
Es dauert keine 20 Sekunden, bis man sich im Takt zu "The Cult Of Goliath", kopfnickend und fußstampfend, an den
neuen Darkthrone-Sound gewöhnt hat. Die beiden lebenden Legenden (?) machen es einem allerdings auch nicht
sonderlich schwer damit, denn ihr zwölftes Werk ist sicherlich ihr zugänglichstes und das, das der größten
Spannweite an Metalheads gefallen könnte.
Dieses Album ist einfachster Black Metal, der über die Spannweite von diesmal doch fast 40 Minuten ohne einen
einzigen Blastpart und mit einer Handvoll Riffs pro Stück auskommt und trotzdem schwärzer und energischer tönt als
jede Hightech-Orgie der Marke Dark Funeral und Konsorten. Die Platte ist organisch, authentisch und äußerst homogen,
wenn man von den kleinen Schwerpunkten innerhalb der Stücke absieht: "Too Old, Too Cold" ist das mit großem Abstand
rockigste der 10 Lieder, "Atomic Coming" erinnert deutlich an deutschen 80er-Jahre Thrash oder alternativ Aura Noir,
"Graveyard Slut" mit einer sagenhaft versoffenen Fenriz-Gesangsperformance könnte eine schmissige Isengard-Version
sein, "Underdogs And Overlords" oder "Whiskey Funeral" muten an, als seien sie zwei der guten Stücke, die nicht auf
"Sardonic Wrath" gelandet sind. Sogar gekonnte Reminiszenzen an "Panzerfaust" (in dem fast doomigen "De
Underjordiske" und dem saugeilen "Forebyggene Krig") und sogar "Total Death" ("Shut Up") lassen sich mit etwas
gutem Willen finden. So hat jedes der Lieder zwar eine eigene Seele, fügt sich aber mühelos in den großen,
rockig-punkigen Gesamtzusammenhang.
Das Sensationellste und das, was am deutlichsten zeigt, wieviel Arsch Darkthrone in ihrer neuen Ära in der Hose
haben, ist aber: sie trauen sich, Soli in ihre Stücke einzubauen, endlich auch innerhalb eines Albums den Gesang
zwischen knurrigem Black-Doom und rotzigem Punk zu variieren, diesem für sie so wichtigen Album einen echten,
knackigen und wiedererkennbaren Metalsound zu verpassen und obendrauf, als sei das alles noch nicht genug, auch
noch ein Video zu drehen. Meine Vermutung ist, dass ihnen die Rückkehr zu Peaceville und die Möglichkeit, in ihrem
eigenen Heimstudio (komplett mit Pizzabackofen, wie wir ja seit dem fantastischen Studioreport wissen...)
aufzunehmen, einiges an neuem Elan verpasst hat. Das ist genau das, was die Band nach den wirklich dürftigen
letzten Alben gebraucht hat. Und, ganz nebenbei, ist "The Cult Is Alive" auch das, was die (Black-) Metal-Szene
braucht: ein Zeichen, dass alles, was rockt, gemeinsame Wurzeln hat, die man nicht verleugnen sollte. Ein Beweis
dafür, dass es immer ein Vorteil ist, mit selbstauferlegten Konventionen zu brechen. Ich bin mir sicher: das
zwölfte Darkthrone-Album, nach ihrem zweiten, ist wieder ein richtungsweisendes. Vielleicht sogar das
21.-Jahrhundert-Pendant zu Venoms "Black Metal".
Fast sieht man Darkthrone, diesmal ohne Satyricon, auf der Mainstage des Wacken. Samstag, Mitternacht. Statt der
Horden von Nebulah fällt die Graveyard Slut über das völlig ekstatische Publikum her und holt das letzte bisschen
Energie aus den besoffenen Leibern. Na gut, seien wir ehrlich: das wäre vielleicht doch etwas zuviel des Geilen. |
|