WINTERBLUT

The Pest Of... (LP 2006)


L'hiver grenzte sich schon vom ersten Demo an von den Genre-Kollegen ab: Die Lyrics zaubern nämlich seit jeher dem Betrachter des öfteren ein Grinsen ins Gesicht, überraschen aber auch durch ihre originelle Ausdrucksweise - ein Traum für Leute mit Interpretations-Fetisch. Musikalisch beließ es der gewiefte Interpret hingegen bei entrückten oder desolaten Melodien, stets gewürzt mit einer ordentlichen Prise krankem Wahnsinn. So waren dem Alleinunterhalter synthetische Horrororgien bis zuletzt nie ein Fremdwort, die zeitweilig eklatanten Spielfehler sind jedoch zum Glück ausgemerzt worden. Doch selbst nach jetzt gut elf Jahren schwören nur Wenige auf die Zeitlosigkeit von "Der 6. Danach" oder "Grund: Gelenkkunst", was vor allem dem individuellen, kaum vergleichbaren Stil Winterbluts zuzuschreiben ist. Dieser kleinen Klientel wird nun die Möglichkeit gegeben, auch das frühe Schaffen Winterbluts zu bestaunen.
Keine Compilation kommt mehr ohne Boni für die Allesbesitzer aus. Das vorliegende Pest-Of besticht mit zwei Wiederaufnahmen der beiden Demo-Titelnummern "Asche Gottes" sowie "Im Lande des Mitternachtsberges", die beide auf den Einsatz von ursprünglich verwendeten Key-Passagen verzichten und die dadurch entstehende Ambiente-Lücke durch weitere Gitarrenspuren ersetzen. Besonders "Asche Gottes" klingt im Vergleich zum Originalstück wesentlich besser, da das Stück, frei von jeglichen Verspielern und Overdubs, fließt. Wo Licht ist, gibt's auch Schatten, von daher ist das Re-Recording von "ILDM" etwas fragwürdig umgesetzt worden: Anstatt des Keyboard-Mittelteils ertönt nach einigen Sekunden Stille lediglich das Schlagzeug, das den nächsten Teil anstimmt - ein abrupterer Abbruch muss erst erfunden werden. Schade, denn abgesehen von jenem Fauxpas gefällt mir die Neuinterpretation. Wer die Demos kennt, wird keine Überraschung erleben, weder Sound noch Inhalt wurden verändert. Der '95er Auswurf sticht wie gehabt durch seinen knochigen Klang sowie der dezent eingesetzten Synthetik hervor, das zwei Jahre später rausgeschmissene Band weist einen viel stärkeren Einsatz von Tastengeklimper und Knöpfchendreherei auf, manchmal agiert die Sechssaitige nur als Begleitinstrumentarium; Lieder wie "U." oder "Lachende Schatten" (so krank, dass es wieder genial ist) jagen nach wie vor die Nackenhaare in die Horizontale.
Besitzer von kurz vor dem Kollaps stehenden Originalbändern dürften eine Anschaffung dieser Platte ruhig in Betracht ziehen. Alljenen, denen Winterblut bis dato nichts sagt, rate ich, vorher in ein Album reinzuhören, um dann über die Weiterverfolgung des Projekts nachzudenken. Allzu lange darf aber nicht gezögert werden: Fünfhundert Einheiten können schnell weg sein.

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Amicus
19.02.2006