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Wenn man tagelang eigentlich nur zwei Platten hört und beide sehr geil findet, fängt man automatisch an, sie zu
vergleichen. "Too Old, Too Cold", die Darkthrone-Single, und Naer Matarons "Discipline Manifesto" haben so gar
nichts miteinander zu tun, außer dass sie beide irgendwo ins Metalgenre passen. Die eine alt, dreckig, aus Norwegen,
von einer lebenden Legende aufgenommen, die andere modern, aufpoliert und aus Griechenland, von einer Band, die in
der restlichen Welt nie wirklich Fuß gefasst zu haben scheint, stammend. Das ist - so blöd es klingt - etwas, das
man sich erstmal bewusst machen muss.
Noch vor einer Woche fand ich "Discipline Manifesto" unglaublich gut, hab die Platte rauf und runter gehört und war
ernsthaft überrascht, dass mir die Band bisher so gut wie entgangen war. Jetzt bekomme ich so langsam ein bisschen
Abstand dazu und erkenne: das Album blendet ziemlich gut. Es ist hübsch aufgemacht, klingt urgewaltig brachial
(gemastert von Tom Kvalsvoll und ohnehin zum größeren Teil in Norwegen aufgenommen) und ist eigentlich das, was man
von Naer Mataron nach dem letzten Album erwarten konnte. Meistens rasend schneller Black Metal ohne Keyboards, dafür
mit echt düsteren Ambient-Einsprengseln von Herrn Nordvargr, technisch echt versiert und ohne jeden Makel. Die
Platte steigt mit einem sehr leisen Intro ein; dreht man die Anlage verwundert auf, plättet der Einsatz von
"Extreme Unction" alles, was sich vor der Box breitgemacht hat. Zugegeben, das ist seit dem Troll-Demo der
energischste Einsatz in eine Platte, den ich je gehört habe, und verdammt geil. Das insgesamt sehr gute, sehr
mitreißende Stück verleitet einen jedoch schnell dazu, seine Qualität auf die ganze CD zu übertragen. Das ist
freilich ein Fehler, denn kein einziges der 9 Lieder weist dieselbe Qualität auf wie der Opener. Einzelne Riffs,
meistens die ersten (...), sind ziemlich klasse, danach wird's durchschnittlich, fiedelig und langweilig, weil Naer
Mataron bei den Auswalzungen ihrer Ideen nicht so richtig wissen, wo Schluss ist. Bei Tracklängen zwischen 5 und 9
Minuten wirkt das schnell fatal.
Einen düsteren Höhepunkt erlebt das Album noch einmal bei dem fast schon als schwelgend zu bezeichnenden "The Day
Is Breaking", das langsam und getragen und im positiven Sinne monoton beginnt und sich allmähllich steigert. Schade,
dass die Griechen sich nicht öfter getraut haben, so variabel zu komponieren. Ohnehin hat man den Eindruck, dass
hier zwar sehr gute Musiker am Werk sind, die durchaus wissen was sie wollen und was sie machen, denen aber ein
wenig die Seele gefühlvoller Musik abhanden gekommen zu sein scheint. Weder ist "Discipline Manifesto" sehr
emotional, noch eigenständig. Natürlich ist es legitim, dass eine Band aus Südeuropa norwegisch oder schwedisch
klingt, aber entscheiden sollte man sich vielleicht schon - und am besten wäre es, sich gleich für einen eigenen
Stil zu entscheiden. Das, würde ich sagen, ist der Schritt, den Naer Mataron als nächstes gehen sollten, dann
könnten sie wirklich noch eine Menge mehr Anhänger gewinnen.
So ist aus einem Album, das ich zuerst fast uneingeschränkt fantastisch fand, eines geworden, das jetzt einen ganz
schön faden Beigeschmack bekommen hat. Technik und das, was man von außen sehen kann, sind nicht alles.
Langzeitwirkung kommt bei mir jedenfalls nicht mehr auf, dafür ist "Discipline Manifesto" leider zu steril und
glattgebügelt. Ganz ehrlich: dann lieber Necrothrash, das macht auf Dauer mehr Spaß. |
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