DARKTHRONE

Too Old, Too Cold (MCD 2006)


Hey, auch wenn man mir das oft nicht abnimmt: ich gebe Fehler auch durchaus zu, wenn ich einsehe, sie gemacht zu haben. "Sardonic Wrath", 5 Punkte - das war kein Fehler, wie ich immer noch finde. Darkthrone hingegen machen, fasst man den Tenor im Vorfeld von "The Cult Is Alive" und "Too Old, Too Cold" zusammen, gerade einen riesigen Fehler: sie entwickeln sich noch weiter, schlimmer und endlich auch weit konsequenter als bisher. Sie werden fett, setzen Rockstargehabe auf und nehmen Singles auf. Mann Leute, SINGLES, das ist was für die Top 40, oder?
Nein, Singles sind was für die Top 3, und zwar auch der Black-Metal-Szene. Da kann man reden was man will, so ganz haben sich die beiden etwas feisten Herren mit den Lederwesten daraus noch immer nicht verdrängen lassen. Offensichtlich haben sie erkannt, dass ihr letztes Albümchen ziemlich bescheiden war und machen jetzt das, was sie meiner Theorie nach eigentlich schon seit zehn Jahren wollen: Rock’n Roll, und das radikal. Neben runden Bäuchen, Dosenbier, Lederklamotten und Singleveröffentlichungen äußert sich das auch in der Musik: das Titelstück "Too Old, Too Cold" hat nicht nur den Songtitel des Jahres, sondern rotzt auch gleich das vermutlich geilste Eingangsriff 2006 auf den Plattenteller. Danach geht’s zwar etwas unspektakulärer weiter, aber der typisch schmissige Fenriz-Groove und Nocturno Cultos Gesang (more kehlig and vielseitiger than ever) retten das Stück bravourös über die 3 Minuten. 3 Minuten, genau. Darkthrone haben nämlich noch was kapiert: wenn man schon nur 3 Riffs pro Stück verwenden will und die auch noch ziemlich gleich klingen, dann sollte man das Lied wenigstens kurz halten - und das haben sie auch gemacht. Das hat den Vorteil, dass wirklich keine Längen entstehen und das Ding fürchterlich abgeht.
Die anderen drei Stücke, die die Maxi zusammen auf eine Spielzeit von 13 Minuten bringen (wohl die Schmerzgrenze, bei der man dem Label nicht mehr den Kopf abreißen möchte), sind leider mehr oder minder Füllmaterial. Immerhin aber cooles Füllmaterial. "High On Cold War" steigt mit Punkriff und prolligem Rocksolo ein, begnügt sich zunächst mit einem leicht variierten Drumpattern in 2 Minuten und wird am Ende schleppend und so panzerfausthaft, wie man es lange nicht mehr gehört hat. "Love In A Void" gibt garantiert allen alten Fans den Gnadenstoß - absichtlich mit halbem Können gespielt und schrecklich gesungen ist das Siouxie-and-the-Banshees-Cover die totale Liebeserklärung an alten Punk, verstaubten Thrash und Großstadtrock mit dicken Eiern. Klasse. Wer da durch ist, kriegt noch "Graveyard Slut" vor den Latz, das klingt, wie es der Möchtegernrocker Nattefrost immer gewollt hat: abgefuckt, lässig, hässlich und verdammt nach NECROTHRASH. Vor allem aber nach Darkthrone: pumpend, dreckig, groovig und absolut wiedererkennbar.
Unglaublich, wie man sowas machen kann - aber auch einzigartig und wegweisend. Wenn das Darkthrones Zukunft ist, so geiles Zeug in ihrem eigenen Studio einzuholzen (klingt übrigens besser als die letzten 4 oder 5 Alben) und großkotzig bei Peaceville für ein Schweinegeld zu veröffentlichen, dann ist das der Beginn eines zweiten Frühlings - für eine Band und für einen Musikstil. Was keiner so richtig kapieren will, machen die beiden alten Herren hier transparent: auch Black Metal ist Rock’n Roll, verdammte Axt! FUCK!
PS: Ja stimmt, Satyr ist auch cool, aber der braucht Koks dafür.

8 /10

Official Website

Peaceville Records

 

alboin
25.01.2006


Redaktionsbewertung:
azaghal 5.5 Laeknishendr 8.5
Amicus 7 alboin 8
Gesamtdurchschnitt: 7.3