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Eigentlich erstaunlich, wie stark sich der Stil einer Gruppe binnen weniger Monate ändern kann. Glaubte man nach
Überwindung des letzten Lebenszeiches "Carved In Flesh", Ansur fortan als leicht zugängliches, wenn auch eher
langweiliges Norsecore-Geschrammel abhaken zu können, werden Vorschnelle nun eines Besseren belehrt. Komplexität,
allerdings in Form von erzwungenem Abwechslungsreichtum, ist nun die oberste Priorität.
So bilden unzählige halbgare Melodien und deren atonale Nachkommenschaft wie lustiges Saitenquetschen sowie
akustische Semi-Schmankerl das gitarrenlastige Grundgerüst. Das beste, sprich am wenigsten wehtuende Beispiel stellt
noch der Opener dar, den fuchsige Frühneunziger-Barden aus dem komplexeren Thrash-Segment auch als Einstieg
verwendet hätten, um die Hörerschaft auf ihre noch unverdaulicheren Brocken vorzubereiten. Sicher, die Norweger
verstehen den Umgang mit ihren Instrumenten halbwegs und können streckenweise sogar überzeugen. Was ihnen aber
wirklich noch fehlt beziehungsweise im Laufe der Line-Up-Wechsel verloren ging, ist der Sinn für Eingängigkeit. Hier
kämpft wirklich jeder noch so kleine Einfall verzweifelt um ein bis zwei Sekunden Spielzeit - logisch, dass pro Song
circa 154 Ideen verbraten werden, ohne jedoch jemals einen Sinn zu ergeben. Und als wäre soviel "Anders-Sein" nicht
schon genug, schießt der "Sänger" mitsamt den grässlich künstlichen Drums den Vogel ab. Anfangs meinte ich mich
verhört zu haben, als dieser Knilch, vermutlich aus dem Metalcore-Bereich kommend, ins Mikrofon brüllte. Doch leider
wird jener noch missfälliger in seinem Ton und wagt es nicht einmal, in zumindest annähernd schwarzmetallischer
Manier zu krächzen. Zahlreiche Durchläufe später (ja, ich wollte dieses Werk wirklich verstehen!) bin ich zu dem
Entschluss gekommen, dass, angesichts der mehrschichtigen Songs, kein anderer "Sänger" den Job hätte besser machen
können, da man wahrscheinlich die eng gesteckten Grenzen des Black Metals sowieso nicht mehr anerkennt.
Abschließend noch ein Detail am Rande: Die ungekrönten Thrash-Meister Dark Angel haben auf "Time Does Not Heal"
satte 246 Riffs verewigt. Während aber die BayArea-Jungs den Spagat zwischen Zugänglichkeit und fesselndem
Songwriting beherrschen, sind Ansur weit davon entfernt. Vielleicht werden beim nächsten Versuch die besten
Elemente aus beiden vorherigen Releases zusammengeklaubt, aus denen eine zumindest durchdachte Veröffentlichung
entsteht. Mal sehen... |
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