DÖDSRIT

Dödsrit (LP/MC 2017)


Hach ja, so eine vorgefertigte Meinung ist schon was Schönes - da weiß man, was man hat, und kann sich dieses lästige Nachdenken und Reflektieren der eigenen Gewohnheiten sparen. Umso blöder also, wenn das wunderbar zementierte Weltbild auf einmal ins Wanken gerät! Dabei war doch meine Ansicht zu Hardcore- und Crust-Einflüssen im Black Metal so klar: "Findste blöd, magste nicht, brauchste dir gar nicht erst anzuhören!". Tja, und dann kreuzt auf einmal das nette Ein-Mann-Projekt Dödsrit meine Wege und zwingt mich zu einer unangenehmen, aber zugleich auch erfreulichen kognitiven Umstrukturierung. Wie der nette Kollege aus Schweden das anstellt? Nun, die Antwort ist so simpel wie komplex: Gutes Songwriting.
Was bedeutet das im Detail? Zum einen, dass auf dem erstklassigen Debüt am Fließband einprägsame Melodien produziert werden und zum anderen, dass diese auf höchst geschmeidige Art und Weise mit Black-Metal- und Crust-Elementen ummantelt werden. Auf Seiten des Crust drängt sich hier in erster Linie sicherlich das Schlagzeug auf, welches wahlweise im bekannten D-Beat vor sich hin poltert oder aber die Stücke mit Rhythmen vorantreibt, welche einen unverkennbaren Hardcore-Einschlag aufweisen. Sicher trägt zur Crust-Schlagseite auch der ranzige Schmerz des Gesanges bei, den man so auf einem klassischen Pandabären-Output wohl eher selten vernehmen dürfte. Ach ja, und zu guter Letzt wäre da noch das Klangbild mit seiner Tiefenlastigkeit zu nennen. Der Opener "Endless Circle" rotiert beispielsweise keine drei Sekunden und schon drückt einem ein amtlicher Bass-Unterbau das Trommelfell ein.
Ja, und warum besprechen wir dann bei so vielen Crust-Signaturen diese Platte überhaupt in diesen heiligen Schwarzwurzel-Hallen? Weil der Black Metal subtil, aber sorgsam in der durchaus melancholischen Grundstimmung von "Dödsrit" eingewebt ist. Das liegt sicher zu großen Teilen daran, dass die Riffs ausgiebig im Bereich der mittleren Tonhöhen vor sich hinschrammeln. Es ist aber mehr als nur das: In Sachen Atmosphäre bringt der Erstling aus schwedischen Landen nämlich ein ums andere Mal ein ordentliches Kampfgewicht auf die Waage.
Besonders anschaulich präsentiert das "The Void" mit seiner Tendenz zur Überlänge: Nach einem fulminanten Auftakt schnappt sich das Stück einfach mal erneut sein vergleichsweise simpel gehaltenes Hauptthema und baut dieses zu einem zweiminütigen Trance-Jam aus, der die Melodie mit wahrhaft großartigen Tremolo-Leads umspielt. Und weil's so schön war, wiederholt sich das Spiel anschließend mit einer weiteren hypnotisierenden Akkordfolge nochmals. Dabei beweist der kreative Kopf von Dödsrit im Übrigen auch den nötigen Respekt vor seiner eigenen musikalischen Schaffenskraft, indem er über längere Strecken einfach mal die Klappe hält und die instrumentale Gewalt für sich sprechen lässt. Dass das so gut funktioniert, ist sicher auch dem Umstand zu verdanken, dass der Sound nicht tönt, als ob man den Gehörgang mit einem mit Glassplittern gespickten Q-Tip zerkratzt bekommt. Stattdessen weist er eine angenehme Brillanz auf, ohne die nötige Rohheit und Aggression vermissen zu lassen.
Und auch wenn "Dödsrit" keine Platte ist, die Herz und Verstand dauerhaft an sich bindet, wie das anderen Scheiben aus dem Bereich des okkulten oder atmosphärischen Black Metals gelingt, so muss man dennoch neidlos anerkennen, hier ein Stück außerordentlich guter Musik und ein Paradebeispiel für überzeugendes Songwriting vor sich zu haben. Eine derartig geschmeidige Verschmelzung von Crust und Black Metal schafft es jedenfalls ohne große Mühe, selbst einen Teilzeit-Sturkopf wie mich eines Besseren zu belehren.

8 /10

Official Website

Alerta Antifascista Records

Bloodsoaked Records

 

Nachtwall
21.06.2018