SUNKEN

Departure (CD 2017)


Im Zeitalter der permanenten Internetberieselung finden sich scheinbar immer weniger Bands, die vollkommen abseits des üblichen Trubels am ersten großen Projekt basteln können. Zu groß die Verlockung, ein kurzes Video zu den Bassaufnahmen ins Netz zu stellen oder den jüngsten Insiderwitz mit dem (eher desinteressierten) WWW zu teilen. Nicht so Sunken, die trotz sporadischer Meldungen Selbstdisziplin bewiesen haben und ein Endergebnis vorlegen, das die Band auf Anhieb in die qualitative Stratosphäre katapultiert.
Doch der Reihe nach. Nach einem der atmosphärisch stimmigsten Einleitungen der letzten Jahre fahren die Dänen einen wahren Klangozean auf, der "Departure" von allen anderen aktuellen Erscheinungen abhebt und diese im gleichen Zug komplett überschattet. In der ersten Einschätzungsphase bieten sich naturgemäß allerlei vage Referenzen der Marke "Späte Dawn treffen auf Cascadia" an, deren Gültigkeit aufgrund der unglaublichen Darbietung jedoch schnell an Bedeutung verlieren. Primär ist dies der Intensität an allen Fronten zuzuschreiben. Egal, ob nun der reißende Saitenstrom oder die gezielt ins Mark stechenden Schreie das Herz des Hörers zuerst erobern, versinkt er spätestens im unaufhaltsamen, albumüberspannenden Wellengang. Speziell in den ruhigen Passagen, wie den ersten Minuten der ausgekoppelten XXL-Video-Single "Sunken", kristallisieren sich sodann zweierlei Merkmale heraus: Die hörbare Schwerstarbeit, um genau diesen isolierenden Sound mit dem Hauptorkan in Einklang zu bringen; andererseits das Feingespür für musikalische Größe, sowohl in den schrillen als auch in den innehaltenden, einsam in die unendliche Schwärze strahlenden Momenten.
Nichtsdestotrotz fällt die Wahl der Endnote - zumindest kurzfristig - schwer. Sollen mich trotz ungetrübtem, über mehrere Wochen anhaltendem Genuss irgendwelche selbst erfundenen Meta-Ausflüchte davor zurückschrecken lassen, zum Äußerten zu gehen? Erscheint es sinnvoller, den entscheidenden Punkt einzubehalten, um so den Ansporn zu noch grandioseren Epen in Gang zu setzen? Oder gewinnt letzten Endes doch die Einsicht, dass unabhängig von irgendwann, in ferner Zukunft, unter Umständen vielleicht gar nicht erscheinenden Nachfolgern dieses Album selbst in seiner vorliegenden Form beurteilt werden sollte? Haben makellose Debüts etwa keinen Anspruch auf vollste Anerkennung? Ich zumindest denke schon.

10 /10

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Triton's Orbit

 

Amicus
24.08.2017


Redaktionsbewertung:
Erik 10 Amicus 10
Gesamtdurchschnitt: 10