FRYSLÂN

4-Way Split (LP 2014)


Zu Gemeinschaftsveröffentlichungen habe ich ein eher ambivalentes Verhältnis. War das anno schleppmichfort eine Gelegenheit, fürs gleiche Geld mehr als nur eine Gruppe kennenzulernen, so geht's heute oft nur um das Sammeln von Szenepunkten. Diese Regel wird von Ausnahmen bestätigt, die durch Präsentation und Thematik derart niedere Beweggründe unwahrscheinlich wirken lassen. Zu diesen Ausnahmen gehört auch das Projekt "Fryslân", auf dem sich mit Blakharaz, Funeral Procession, Manzanar und Tarnkappe vier Truppen zusammengetan haben, um der Welt viermal friesischen Metal zu servieren.
Den Auftakt machen Blakharaz mit einem Stück aus dem Jahr 1997 in der Tradition alter Graveland, wie das Promoschreiben ganz richtig verspricht. Das heißt galloppierendes Getrommel, blubbernder Bass und dünne Gitarren - stilistisch eine absolut überzeugende Darstellung. Aber leider muss man sich zum Vergleich nur 20 Sekunden von "Blood of Christians on My Sword" gönnen, um zu verstehen, warum "Thousand Swords" ein Klassiker ist und von Blakharaz noch nie jemand gehört hat. Sicher, gegen die Magie einer Legende hat es jeder schwer, aber mit derart matten Riffs ist jeder Versuch zum Scheitern verurteilt.
Funeral Procession machen weiter mit "one of their rawest and most primitive efforts" (2004). Das ist wiederum eine zutreffende Beschreibung, aber uninspiriertes Geschrubbe mit nervigem Geklopfe wäre auch nicht verkehrt. Der Gesang ist schön garstig, aber ansonsten kann ich mich nicht entscheiden, ob ich das Stück nun als Witz oder als Frechheit einordnen soll. Diese Einschätzung ist bei den "Extremisten" von Manzanar auch nicht ganz einfach, denn hinter all dem Getue aus Kriegssamples und Raserei steckt so wenig musikalische Substanz, dass das Ganze auch von einer BM-Parodie-Combo stammen könnte (1998).
Den Abschluss machen Tarnkappe mit einem "song comparable to early Enslaved" (2013). Zweifellos der Höhepunkt von "Fryslân", aber die Messlatte der Werbung wird selbstverständlich nicht erreicht. Wobei ich an dieser Stelle wohl zugeben muss, etwas vorbelastet zu sein, denn "Hordanes Land" war vor 20+ Jahren ein wichtiger Bestandteil meiner musikalischen Sozialisierung. Dagegen spielt man als neue Band nicht so einfach an.
Unterm Strich bleibt festzuhalten, dass das Kompetenteste an dieser Veröffentlichung der Autor des Promoschreibens ist, der wirklich und wahrhaftig mit jeder Behauptung richtig liegt. Ansonsten ist die Scheibe ein eigenartiger Mix aus völlig zu Recht vergessenen Bands, einer halbwegs etablierten Band mit einem unschönen Ausrutscher und einem Frischling, von dessen Notwendigkeit ich noch nicht überzeugt bin. Interessant eher für Kuriositätensammler als für Musikliebhaber.

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Erik
29.01.2016