Kein Schwanz ist so hart wie das Leben - das wussten sicher schon die alten Germanen, und auch heute ist da noch ziemlich viel dran. So ist es etwa ziemlich schwer zu verstehen, regelmässig von Promoagenturen oder Plattenfirmen mit Promopaketen bedacht zu werden, obwohl direkt über unserer Adresse recht deutlich steht, dass davon möglichst Abstand genommen werden sollte. Hat man sich damit aber irgendwie abgefunden, so ist der Inhalt des letzten Werbepaketes dennoch völlig unbegreiflich.
Habe ich jemals Anlass zu der Annahme gegeben, hier würden Ostblocknazis und Justin-Timberlake-Fans thematisiert, die in irriger Deutschtümelei und geschichtlicher Ignoranz vorgeben, seit fünf Jahren für die Zivilehe zu streiten? Ist es sonderlich wahrscheinlich, dass ein gewisser Andy, seines Zeichens einst Ehrengast dieser Seiten, hier mit mehr als einer abfälligen Bemerkung abgefertigt wird? Ist damit zu rechnen, dass Russenhumppa mit heftiger Heavy-Metal-Schlagseite hier ernsthaft behandelt wird? Nein, nein und nochmals nein.
Als ob dies nicht schon genug wäre, fand sich in der Promosendung auch noch Isolfurs "Pfad des Canis Lupus", was wieder mal die Frage aufwirft, wer solchen Unsinn veröffentlicht und warum sowas überhaupt sein muss. ?ber Isolfur hat jemand an anderer Stelle mal geschrieben: "Isolfur liefern wieder ein Stück Black Metal ab, welches eindeutig schön Deutsch klingt, hätte auch von Dunkelgrafen kommen können ? Wertarbeit!" Das ist - bis aus das letzte Wort - absolut treffend. Isolfur repräsentieren nämlich genau den deutschen BM-Bodensatz, für den man sich als Deutscher ordentlich schämen muss. Sogar der Vergleich zu den Dödelgrafen passt wie der Arsch auf den Eimer, scheinen doch auch Isolfur der Meinung zu sein, dass Black Metal und ordinärer Heavy Metal sich musikalisch nur durch ein paar Oberflächlichkeiten unterscheiden und BM letztendlich nur eine Frage des Getues ist.
Es ist sicher ein Versehen, dass Vspolokh/Vspolox und ihr Album "Sorrow of the Past" mit in dieses Werbepaket gerutscht sind, das ansonsten offensichtlich dazu bestimmt war, seinen Empfänger zu irritieren. Der dezent heidnische BM von jenseits des Urals ist jedenfalls ohne Kotzkrämpfe zu ertragen und wird deshalb an anderer Stelle zu gegebener Zeit ausführlicher gewürdigt werden.
Die letzten Wochen wurde mein Briefkasten von einer Promoflut überschwemmt, die nach Monaten relativer Ruhe schwer zu begreifen ist. Da werden neue Plattenfirmen aus dem Boden gestampft und Promoagenturen gegründet, die mich mit neuem und altem Kram eindecken, als hänge ihr Seelenheil allein von der Menge verteilter Promoexemplare ab. Und was da alles beworben wird! Irgendwelche CD-Auflagen von Sachen, die schon bei ihrer Erstveröffentlichung vor vier Jahren bestenfalls mässig interessant waren. Nö, darauf habe ich keine Lust. Es gibt soviele neue und vor allem gute Veröffentlichungen, dass ich mit derlei Krempel noch nicht mal diese Resterampe vollmüllen werde.
Die wird nämlich schon von Bands wie Cold Body Radiation in Beschlag genommen, die es sich ohrenscheinlich zum Ziel gesetzt haben, den Hörer durch Langeweile zu deprimieren. Vom Label Dusktone als "Shoegaze Black Metal revelation" beworben, ist es natürlich kein Wunder, dass "The Great White Emptiness" mich nicht vom Hocker haut. Überraschend ist allerdings, dass das Projekt nicht unbedingt wie die anderen Vertreter des angestrebten Ungenres klingt. vielmehr kommen die Holländer wie Funeral Doom ohne Eier daher, locker-flockig-schwerelos. Vielleicht sollte für Musik wie diese das Schubfach Fingernailgaze erfunden werden - viele Leute widmen sich bekanntlich ihrer Maniküre, wenn sie zu Tode gelangweilt werden.
Nicht ganz so einschläfernd kommen Woods of Desolation daher, in deren Promoschreiben sich sogar ein Funken Wahrheit eingeschlichen hat: "[...] a band that doesn't stray far from the beaten path". Das kann man aber laut sagen! Die Australier spielen Malen-nach-Zahlen-Depri-BM, der zwar gefällig ist, aber eben auch völlig ohne eigenen Charakter auskommen muss. Wenn die Promoagentur noch meint, "Sorh" sei "truly a moving work", ist sie denn auch schon wieder mit ihrem normalen Broterwerb beschäftigt: Schwindeln und Schönreden.
Nach zweimal Depri jetzt zur Abwechslung Gerumpel, so fängt Tsorers erstes Lebenszeichen nämlich zumindest an. Sehr old school und roh legt "Return to Sodom" los, doch im Albumverlauf gibt's auch ein paar Keyboardspielereien und recht melodische Leadgitarren, was insgesamt ja schon fast nach einem interessanten Konzept klingt. Leider werden die beiden Facetten der Band nicht sonderlich überzeugend miteinander verknüpft. Und echte Hits, die über diesen Mangel an Koheränz hinwegtrösten könnten, gibt es auch keine.
Über einen Mangel an Koheränz braucht man sich bei Sator Marte nicht beklagen, die Lieder auf "Za Zdmi" wurden nämlich alle mit der gleichen (schon derbe abgenutzten) Norsecore-Schablone entworfen. Schwungvolles Midtempo mit einigen schnelleren Passagen wird geboten, sehr kompetent gemacht, mit kraftvollem Bass versehen, aber leider eher höhepunktfrei und absolut nichts, was im Ohr hängen bleiben würde.
Nach soviel unspannender Fahrstuhlmusik zum Abschluss die übliche Plattenempfehlung. Dusze Wypuscil ist ein weiteres Projekt aus dem Furia-Umfeld - und wieder ein ziemlich interessantes. Neben allerlei Samples und Spielereien und simplem, rohem BM mit sehr wirkungsvollen Riffs bietet der Zehnzöller "Ludowy Nihilizm Absolutny" auch ganz eigenartigen Frauengesang irgendwo zwischen Geschreie und Melodie; absolute Gänsehautgarantie. Eigentlich hätte dieses Tondukoment eine ausführlichere Vorstellung verdient, doch da das Ding aufs lächerlichste limitiert ist, will ich es bei dieses Zeilen hier belassen. Albernes Getue, diese Pseudoquasisotunalsobhalböffentlichkeit.
Still war es in dieser Abteilung, sehr still. Das liegt in erster Linie daran, dass Promos und sonstige Rezensionen problemlos in die Reviewabteilung gepasst haben und für halbwegs ausführliche Texte sogar mehr als genug Zeit war. Doch richtig ist das natürlich nicht, denn der Faktor Zeit sollte generell nicht entscheiden, was umfassend behandelt wird: Wenn es mal zwei Wochen keine neuen Besprechungen gibt, weil mich nichts recht ansprechen will, dann ist das völlig in Ordnung. Höchste Eisenbahn also, die Dinge etwas zurechtzurücken.
Das erste "Opfer" dieser Rückbesinnung sind Lantlôs mit ihrem neuen Album ".neon". Ich muss zugeben, dass mich diese ganze gestern erfundene Shoegaze/Post-Rock/Wasweissich-"Black"-Metal-Masche nicht sonderlich begeistert. Schuld daran sind natürlich die Bands, die (bis auf Fen) bisher nichts zuwege gebracht haben, was mich bewegt hätte. Und schuld ist auch die Tatsache, dass das Ganze eben in erster Linie als Marketinggag daherkommt, um Käufer bei der Stange zu halten, die "früher mal BM gehört haben", denen das aber jetzt (mit ca. 22) "viel zu kindisch" ist. Die Attitüde, die hier durchscheint (ob nun von Label- oder Bandseite, ob von Hörern oder von mir eingebildet, ist dabei eher egal), ist, dass man BM weiterentwickeln müsse, urbanisieren, kultivieren, zivilisieren. Und das kann ich halt nicht ab. Im Falle Lantlôs kommt hinzu, dass Neige mit von der Partie ist und das Cover von einem Typen von Les Discrets stammt. Namedropping? Oder der unbedingte Drang, irgendwo dazugehören zu müssen? Ich weiss es nicht. Aber es irritiert mich halt. Wie auch die Tatsache, dass die Truppe ein recht grosses Label gefunden hat. Wegen Neige? Oder weil S/P-R/WWI-BM (nach Meinung von Prophecy) kurz vor dem grossen kommerziellen Durchbruch steht? Auf jeden Fall nicht wegen ".neon". Sicher, das Album ist gut gemachter, harmloser BM fürs 21. Jahrhundert, versehen mit ein paar seltsam fröhlichen Li-La-Laune-Leadgitarren und stellenweise gar George-Michael-Gesang. Und sogar ein paar ganz patenten (wenn auch nicht weltbewegenden) BM-Momenten (Drautran Max bzw. Zero). Aber es ist halt nichts Besonderes. Und das ganze "urbane" oder "contemporary" Getue eben genau das: Getue. Reine Oberfläche, die sich nur in Promofotos und vielleicht Samples niederschlägt. Hab ich schon erwähnt, dass ich das schlicht nicht mag?
Spannenderes, viel Spannenderes haben Solitude Productions zu bieten, die immer mal wieder mit ganz interessanten Veröffentlichungen aufwarten. Diesmal haben es mir mit The Howling Void und Ophis zwei Formationen angetan, die sich beide im Funeral/Doom/Death-Sektor bewegen. The Howling Void bieten dabei sehr monolithisches Geschleiche, ganz auf Atmosphäre ausgerichtet, aber irgendwo auch ziemlich eingängig. Ophis dagegen spielen Doom/Death oder von mir aus auch Death/Doom mit vielen zähflüssigen Passagen, aber auch die Todesaxt wird immer mal wieder ausgepackt. Die Band hat ein grossartiges Gespür für Dynamik und ein paar richtige Hits mit wunderbaren Leadgitarren auf CD gezaubert. Fast für lau beim Label, und angeblich irgendwann auch beim Ván.
Zugegeben, die Überschrift trägt eventuell ein bisschen zu dick auf. Allerdings - und da dulde ich keine Widerworte - sonderlich weit von der Wahrheit ist sie dann doch nicht entfernt. "Stone's Reach" ist nämlich tatsächlich ein unglaublich geiles Album. Gleichzeitig steckt MeloDeath als Genre unglaublich tief in der Scheisse - so ungefähr bis Oberkante Unterlippe - was zumindest in meinen Augen die Ausnahmestellung von Be'lakor weiter betont.
Jaja, das ist oller Pseudodeath für Schattenparker und hat als solcher hier natürlich nichts zu suchen. Doch ein bisschen Werbung will, nein: MUSS ich für diese grossartige Band doch machen, werde mich aber kurz fassen. Also: Wer "The Gallery" mag, auch "Above The Weeping World" etwas abgewinnen kann und von all dem neumodernen MetalCore-verseuchten Scheissdreck, schlapper "Slaughter Of The Soul"-Klauerei und Pop im Metalgewand die Schnauze voll hat, der sollte mal ein Ohr riskieren. "Stone's Reach" ist ein unglaublich verspieltes und vielseitiges Album, bietet gleichzeitig ein paar Melodien, die zum Sterben schön sind und ist atmophärisch packender als die genannten Vorbilder. Ich weiss, das ist eine vollmundige Behauptung. Aber eben wahr.
Es gibt zwei Sorten von Platten: Die, die ich bewerben möchte, und die, die das Label oder die Band beworben haben möchten. Zwischen diesen Kategorien gibt es Überschneidungen (etwa das grossartige Lustre-Album), aber deckungsgleich sind sie natürlich nicht. Wenn sich hin und wieder dank Veröffentlichungsflut und Mangel an der Resource Zeit ein Stapel Musik auf meinem Schreibtisch formt, muss ich mich entscheiden, wer beworben wird. Selbstverständlich kann eine solche Entscheidung NIE zu Lasten guter Musik fallen, also müssen sich die Verbreiter oder Urheber mittelmässiger oder schlechter Musik hin und wieder mit weniger Werbung zufrieden geben, als sie vielleicht gerne hätten, sprich mit ein paar unfreundlichen Worten an dieser Stelle. Das ist ein Zugeständnis meinerseits, denn streng genommen verdient schlechte Musik gar keine Öffentlichkeit, auch wenn das Label zehn Promos schickt. Andererseits möchte jedoch der eine oder andere Hörer selbst in Zeiten nicht ganz so legaler mp3-Räuberei vor schlechter Musik gewarnt werden. Als Lösung in diesem Dilemma bleibt nur grösstmögliche Unfreundlichkeit, um den Werbeeffekt möglichst gering zu halten.
Etwa für die Veröffentlichung von Ravens Demos auf CD. Ja, genau die Raven, die vor über zehn Jahren "F.M." rausrüpelten. "The Murder Sessions" ist noch schlechter und überflüssiger. 08/15-Norsecore ohne alles. Keine Ahnung, warum sowas rausgebracht werden muss. Vielleicht hat die ATMF die Rechte im Paket mit Joyless (die übrigens auch ein neues Album am Start haben, ziemlich langweilig) und Forgotten Woods preiswert bekommen. Kann natürlich auch an mir liegen, mit FW und den Projekten rundherum bin ich einfach nie warm geworden. Naja, immerhin kommt das Teil im schönen Digipak, wenn's also jemand für zwei Euro irgendwo sieht, kann er ruhig zuschlagen.
Habe ich von Raven nichts erwartet, konnte also nicht enttäuscht werden, so ist die neue Scheibe von Empty genau das: eine Enttäuschung. "The Last Breath Of My Mortal Despair" fand ich so gelungen und geradezu vielversprechend, dass "The House Of Funerary Hymns" eine ziemliche Bauchlandung ist. Das Album klingt wie Locus Mortis ohne Ideen. Die langsamen Sachen sind einschläfernd, die schnellen zerfahren, und doofe Soli gibt's auch noch. Verdammt, diese Scheibe wollte ich eigentlich gut finden! Was soll denn das?
Über Irrwisch habe ich mich bereits vor einigen Monaten beschwert, nicht so sehr über die Musik (eine ganz nette, zahme B-Version von Wolfhetan), sondern vielmehr über die Frechheit, eine CD-R praktisch ohne Artwork für Schweinepreise unters Volk zu bringen. Doch anstatt sich zu bessern, treibt's der Verein jetzt komplett auf die Spitze. Das gleiche Demo wird auf CD rausgebracht, mit ähnlich dünnem Beiwerk: EIN Foto mehr gibt es, fürwahr mehr als Grund genug, sich die Scheibe nochmals zuzulegen, wenn man etwas Dauerhafteres als eine olle Selbstgebrannte will. Aus unerfindlichem Grund kommen mir SOAD in den Sinn: "Steal This Album!"
Nicht mal klauen braucht man das neue Wolok-Machwerk. "Caput Mortuum" ist genauso zerfahren und planlos wie die bisherigen Auswürfe der Franzosen. Und klingt genauso mies. Obwohl der Verein angeblich sogar zwei Schlagzeuger hat, tönt das Ganze verdächtig nach vergleichsweise erbärmlichem Stromtrommler, fast kommen mir Hatred Divine mit ihrem Storch im Salat in den Sinn. Und als ob das nicht schon anstrengend genug wäre, sägen auch die Gitarren kopflos durch die Gegend. Das Endergebnis kann man natürlich "krank" oder "kaputt" oder "extrem" finden, aber ich bin lieber ein konformistischer Banause und finde es schlicht beschissen, anstatt mir derlei Kram freiwillig anzuhören.
Weniger "anspruchsvoll" sind Dark Vision, die mich mit ihrer MCD "Bestial Remedy" bedacht haben. Weniger überflüssig allerdings nicht. Die Truppe gibt es angeblich seit 1996, und wenn das Ergebnis von 13 Jahren Bandgeschichte etwas so Belangloses wie diese 16 Minuten Musik ist, dann sollte man's einfach sein lassen. Die Griechen spielen einen kraft- und gesichtslosen Mix aus Black und Death Metal, leicht melodisch und irgendwo wohl "modern" gemeint. Keine Ahnung, aus was für Leuten die Zielgruppe für sowas besteht. Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass es für sowas überhaupt eine Zielgruppe gibt. Das ist einfach zu... zu... zu nichts.
Zum Abschluss meine persönliche Empfehlung für den Kater nach zuviel schlechter Musik: "Ást" von Skagos. Besser als alles, was WitTR bisher gemacht haben und wahrscheinlich je machen werden.