ULG

Windark (DL 2017)


Wenn man davon spricht, dass eine Band das Rad nicht neu erfindet, kann das prinzipiell zwei Bedeutungen haben: Entweder es handelt sich musikalisch um eine Rentnerkaffeefahrt nach Strunzenöd - oder aber es erwartet einen ein heißer Ritt auf einer gut geölten und routiniert laufenden Höllenmaschine. Glücklicherweise ist bei Ulg letzteres der Fall, auch wenn die tonale Temperatur nicht gerade höllisch, sondern eher ausgesprochen eisig ist. Die instrumentale Grundausstattung ist dabei zunächst in der Tat wenig aufsehenerregend: Verrauschte Gitarren im "Wall of Sound"-Stil, Drums im Mid- und Uptempo und zwischendurch ein paar krächzende Screams. So weit, so gut. Was "Windark" jedoch so besonders macht, ist die Ausführung des Ganzen.
Besonderes Augenmerk verdient hierbei das prägnante Schlagzeug: Wie Wolves in the Throne Room zu ihren besten Zeiten beherrscht das Ein-Mann-Projekt den Wechsel zwischen gemäßigtem und schnellem Tempo auf nahezu perfekte Weise, so dass sich innerhalb der Kompositionen trotz der vermeintlichen Monotonie eine unheimliche Dynamik auftut. Gerade für Doublebassattacken scheint der nette Herr an den Fellen ein ausgezeichnetes Gespür zu haben. Aber damit wir uns nicht falsch verstehen: Vertrackte Rhythmen findet man hier so häufig wie gute Laune auf dem Friedhof - so kommt es denn auch, dass sich das Liedgut die meiste Zeit am besten mit dem Attribut "treibend" beschreiben lässt. Ein geradliniger Schlagzeugbeat, sägende Gitarren - fertig ist die Laube.
Angenehm fällt auf, dass sich der schaffende Künstler immer wieder mal selbst einen Maulkorb verpasst und der Instrumentalfraktion freien Lauf lässt. Deutlich wird in den entsprechenden Passagen, dass die Sechssaiter selten die höheren Stufen der Tonleiter erklimmen - die meiste Zeit wehen einem die Gitarren wie massive Schneeböen in tiefem Dunkelgrau entgegen. Ansatzweise eine Ausnahme bilden hier höchstens die Schlussminuten des zweiten Stücks "Eternal Winter". Generell fällt es übrigens schwer, einen Titel besonders hervorzuheben, da "Windark" als ganzes die Wirkung eines beständigen Windstroms innehat: Mitreißend, unnachgiebig und derartig kräftig, dass einem kaum Zeit zum Durchatmen bleibt.
So ist es insgesamt auch weniger die musikalische Kreativität, die "Windark" zu einem Erlebnis macht, sondern vielmehr die Kombination aus gekonnter Komposition und drückendem Sound. Und wenn sich dann noch eine solch angenehm beißend-frostige Atmosphäre dazugesellt, kann von mir aus das Rad auch so rund bleiben, wie es will.

8 /10

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Nachtwall
22.09.2017