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Widmen wir uns einem der größten Werke einer der besten
Bands, wenn nicht sogar DIE beste Band überhaupt: „Bergtatt“ der
norwegischen Formation ULVER. Und dabei ist es weder Übertreibung noch
Glorifizierung: diese Band hat solch ein Potenzial, das sie auch
umsetzt, umzusetzen weiß, wie sonst vielleicht keine andere.
„Bergtatt“, ein Epos aus dem Jahre 1994 - ein weiterer Beweis,
nein, sogar ein entscheidender Grund, dass die Ära `93-`95 die
Blütezeit des Black Metal darstellt. Beim Hören dieser Klänge wird sofort deutlich, welch großen Einfluss dieses, in fünf Kapitel
gegliederte Werk auf die Entwicklung der schwarzmetallischen Klänge
hat - spiegelt sich dieser in Melodien unzähliger Lieder wider - doch
letztendlich blieb das Original bis heute um Längen unerreicht; und ich bin mir ziemlich sicher, dass es das auch
bleiben wird, in Ewigkeit...
Nun, wenn dem so ist, was ist es dann, was dieses Werk und diese
Künstler, die dafür verantwortlich sind, auszeichnet? Diese Frage ist
schwer zu beantworten - nicht etwa, weil dem nicht so ist, nein, das
steht außer Frage, sondern weil es einfach schwer ist, in Worte zu
fassen. Wer dieser Musik lauscht, wird sofort wissen, was gemeint ist;
trotzdem will ich mich versuchen, auch wenn jedes Wort eigentlich zu
viel ist.
Es ist vielleicht am einfachsten umschrieben mit dem Wort
„Melancholie“. Das ist, was das gesamte Werk durchzieht, was dieses
Werk darstellt, vermittelt, fühlen lässt. Diese wird erzeugt durch
sämtliche Komponenten, die hier versammelt und eingesetzt wurden. Das
gesamte Album ist gefüllt von wunderschönen Gitarrenmelodien, wird von
ihnen getragen. Bis auf ein paar Riffs im dritten Kapitel, die etwas von
Aggressivität zeugen, vermitteln diese weder Positives noch Negatives;
oder beides - was eben die Melancholie ergibt. Sie, und die Musik an
sich, scheint jenseits von Gut und Böse - scheint nicht von dieser
Welt zu sein. Eine wirklich drückende Atmosphäre baut sich von Beginn
an auf und hält bis zum letzten Ton an - das Werk ist als Ganzes, als
Einheit zu verstehen und als entsprechende zu hören. Die Musik trägt
einen tief in verschneite Wälder, schließt man erst mal die Augen und
widmet sich ihr - doch man hat auch gar keine andere Wahl, wird
direkt in ihren Bann gezogen, fühlt sich regelrecht verzaubert. Der
klare und wirklich hervorragende Gesang, der entweder solo in
Erscheinung tritt oder oftmals den typischen Black Metal-Gesang
chorartig unterlegt, lässt den Geist frei werden für den Zauber.
Verträumt kommt er daher, von Schönheit und Reinheit zeugend. Ach, man
möchte nie wieder entfliehen.
Wenn die E-Gitarre
agiert, bewegt man sich hauptsächlich in schnelleren Gefilden, die von einem straighten
Schlagzeug unterlegt wird. Doch es werden auch ruhige Parts geboten, die durch
Klänge der Akustikgitarre (die z.B. zu Beginn des zweiten Kapitels von
Flötenklängen begleitet wird; auch vor gelegentlichen Klavierklängen
weicht man nicht zurück) kreiert werden; es ist perfekt. Was mit den
nachfolgenden Alben „Kveldssanger“ und „Nattens Madrigal“ strikt
getrennt wurde, ist hier noch vereint. So wechseln sich sanfte und
aufbrausende Momente gekonnt ab durch den jeweiligen Wechsel in
Instrument und Stimme. Hier gibt es wirklich nichts anzukreiden. Der Sound hätte noch ein
bisschen besser sein können, aber so wie er ist, ist er gut; jedes
Instrument ist deutlich hörbar; klar und dennoch fehlt das gewisse Maß
an Rauheit nicht.
„Bergtatt“ ist ein Album voller Leidenschaft. Es fällt verdammt schwer,
wieder von ihm abzulassen. Was wie eine Huldigung
klingt - und im gewissen Sinne natürlich auch ist - beschreibt nur die
Wahrheit. Es ist ein Muss, „Bergtatt“ und
Ulver zu kennen. Dieses Album und diese Band
haben Geschichte
geschrieben. Nie werde ich ihnen verzeihen können, dass sie von diesem Pfad abgewichen sind. Doch anstatt in diesem Kummer zu verharren, sollte man sich lieber an dem erfreuen, was sie einem gegeben haben - ein großes Geschenk ist "Bergtatt". |
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