ULTOR

Ultor (MC 2004)


Nun, bevor ich mit diesem Review beginne, würde ich gerne erst noch etwas Allgemeines sagen. Dies ist ein extrem subjektives Review und sollte sich jemand aufgrund dieser Besprechung dazu entschließen, das Demo zu kaufen, würde ich ihr/ihm dennoch empfehlen, zuerst auf der Homepage Ultor's (www.ultor-kbor.de.vu) in die Lieder reinzuhören. Nun werdet ihr sagen, Reviews sind doch immer etwas subjektiv, aber Ultor ist keine Band wie Darkthrone, bei der man, auch wenn man kein Fan der Band ist, einige Teile findet, die einem persönlich zusagen. Nein, ich denke bei Ultor gibt es nur zwei Möglichkeiten: man liebt sie, oder man hasst sie! Zusätzlich, muss ich sagen, habe ich durch Gespräche mit Eisenvater, etwas über den Entstehungsgrund dieser Veröffentlichung erfahren, wodurch sie natürlich für mich etwas leichter zu verstehen ist. Dennoch hatten diese Gespräche keinerlei Einfluss auf die Bewertung und dieses Demo ist auch ohne besagtes "Hintergrundwissen" halbwegs zu verstehen!
Als die blutige Geburt seiner tiefsten Verletzung und Verzweiflung präsentiert uns Eisenvater das Demo seiner Band Ultor. Unterstützt wird er dabei von Daron von Stahlzimmer, welcher bei zwei Liedern ("Stirb für mich" und "Die Lampe") die Texte und den Gesang beisteuert. Und das Wort blutig ist in diesem Zusammenhang wörtlich zu nehmen, denn bereits das Cover des Tapes wurde von Eisenvater persönlich mit dem Saft seines Lebens gestaltet, sodass schon hier deutlich wird, dass der junge Mann sein, im wahrsten Sinne des Wortes, gesamtes Herzblut in diese Veröffentlichung gesteckt hat.
Genauso unkonventionell wie das Cover, geht es auch bei der Musik weiter, denn das Intro stellt bereits die erste Härteprobe für die Lauscher dar: fieses Quietschen, U-bootmäßige Geräusche und andere, industrialähnliche Geräusche bereiten den Hörer auf die nächsten knapp 30 Minuten vor. Und was sich einem dann, nach dem sarkastisch anmutenden Spruch "Willkomen im Paradies", eröffnet, ist auf das erste Hören pures Chaos. "Stirb für mich" offenbart sich dem Hörer als purer Brocken Hass und Verzweiflung. Ein kaum vernehmbares Schlagzeug, dazu extrem verzerrte Gitarren und ein ebenso verzerrter, absolut kranker und unmenschlicher Gesang von Daron, der hier vermutlich schon die ersten Tapebesitzer zurückschrecken lässt. Nach etwas mehr als 1,5 Minuten ist der erste Track auch schon überwunden, doch es bleibt keine Zeit sich auszuruhen, denn mit "Gott hat fertig" (jaja... das haben wir doch schon einmal woanders gehört) steht bereits der nächste Schritt zur akustischen Selbstzerstörung bereit. Dieser beginnt mit den Gitarren, die das Leitmotiv des Liedes vorgeben und zu denen sich, nach einem langen Schrei, auch die Drums hinzugesellen, welche einen flotten Takt vorgeben. In den hysterischen Gesang werden auch einige Samples verflochten, deren Herkunft und Bedeutung ich aber nicht ausmachen kann und nach einer knappen Minute hat Gott dann auch bereits tatsächlich fertig.
Bei "Falschheitsverdammung" wird dann zum ersten Mal das Tempo etwas gedrosselt und man bekämpft die Lüge und Falschheit eher im Midtempo, wobei der Song beinahe schon groovige Züge erhält. Auch hier wird beim Songwriting großen Wert auf Monotonie gelegt, denn innerhalb der Lieder geschieht relativ wenig, sprich Abwechslung braucht hier niemand zu erwarten, wäre, meiner Meinung nach, allerdings auch etwas fehl am Platze. Und so wird weiterhin gekreischt und geschrammelt und ehe man sich versieht, muss man sich bereits mit dem "Todschlag" auseinandersetzen. Dieser überrascht wiederum mit beinahe punkiger Melodieführung und Drumming und weist zum ersten Mal beinahe so etwas wie Songstrukturen und Gesangslinien auf, wobei der Gesang auch nicht mehr so extrem und verzerrt wie bei vorherigen Liedern ertönt. Wer allerdings dachte, dass es jetzt in dieser Richtung weitergeht, sieht sich bereits bei "Fluch und Fessel" und dem darauffolgendem "Apocalyptic Age" wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgekehrt. Hier regiert erneut pures Chaos: verwirrende Gitarren, schnelles, kaum vernehmbares Schlagzeugspiel und auch der Wahnsinn, der Eisenvater's Stimme bei "Todschlag" verlassen haben zu schien, tritt hier wieder voll in Kraft und stößt dem Hörer direkt ins Gesicht!
Das erste richtige Highlight des Tapes stellt dann "Kein Ende" für mich dar, was auch gleichzeitig den Abschluss der A-Seite bildet. Verzerrtes Gitarren-geschrammel und Gefiepe bilden den Hintergrund für Eisenvater's herzzerreißende Schreie. Immer wieder folgen verzweifelte Kathrin-Rufe aufeinander, die Person, die wohl Anlass und somit Hauptinspirationsquelle dieses Demos ist! Hier vereint sich der ganze Schmerz und die Verzweiflung des Künstlers, sodass einem wirklich ein kalter Schauer nach dem anderen über den Rücken läuft und in dem die unendliche Trauer, die zu diesem Tape geführt hat, praktisch greifbar ist. Dazu trägt auch das geniale ausleitende Geigensolo bei, das von besagter Kathrin stammt und dieses depressive Szenario komplettiert und es mir wirklich schwer macht, Worte dafür zu finden.
Die zweite Seite beginnt dann mit einer klassikhaften, melancholischen Einleitung, welche dem Film "Zardoz" entliehen ist. "Bitte tötet mich" ist dabei im Hintergrund zu hören und greift damit eine gewisse Todessehnsucht auf, die auf dem Tape immer wieder spürbar ist. Nach diesem gelungenem Intro folgt für mich der absolute Höhepunkt des Demos: "Die Lampe". Die gequälte, zu anfangs klare Stimme Darons, leitet, unterlegt von verzerrten Gitarren, dieses pure Stück Wahnsinn ein. Ein marschähnlicher Rhythmus bildet die Grundlage des Tracks und wird dabei von fast durchgehendem Gesang begleitet. Die Gitarren spielen absolut verwirrende Läufe und über allem thront der Gesang, der schnell und abgehackt vorgetragen wird. Hier wechselt Daron zwischen dem gewohnt aggressiven Kreischen und abgedrehtem, irren Sprechgesang, wodurch dieses Lied zu meiner persönlichen Hymne der Verrücktheit wird.
Auch auf der B-Seite bleibt kaum Zeit zum Luft holen und hat man sich vom gleißenden Licht der Lampe abgewendet, wird der Blick bereits auf das "Devestated Life" gerichtet, welches auch wieder mit wahnwitzigem Gesang, hämmernden Drums und extrem sägenden Gitarren aufwartet. Genau in die gleiche Kerbe schlagen "Pervert" und "The Beast", deren Titel perfekt ins Musikalische umgewandelt wurden, wobei gerade bei "The Beast" auch noch mal vereinzelter Sprechgesang auftritt, welcher sich ebenso gut wie bei "Die Lampe", ins Gesamtbild einordnet. Abgeschlossen wird dieses gelungene Tape von einem "Von Tribute", zu dem ich aber keine Aussagen machen kann, da ich das Original nicht kenne, es klingt zumindest sehr interessant!
Abschließend wäre festzuhalten, dass ich selten erlebt habe, wie auf einer Veröffentlichung Musik und persönliche Gefühle so Hand in Hand gehen, denn "Ultor" stellt wirklich die Symbiose aus selbsterlebter und musikalischer Verzweiflung und Kälte dar. Alle denen, die immer gedacht haben Black/Noise Metal könne keine Gefühle und Emotionen transportieren und wäre nur stumpfer Krach, sei dieses Tape ans Herz gelegt, denn, wenn man sich die Mühe macht und sich intensiv mit diesem Klangbrocken auseinandersetzt, wird man mit einer wahrhaft intensiven und äußerst interessanten Veröffentlichung belohnt!
Noise Through Pain Through Noise

9,5/10

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odium
16.06.2004