SECRETS OF THE MOON

Carved In Stigmata Wounds (2004)


Ich wusste, dass dieses gepresste Stück lebloses Polycarbonat eine schwierige Aufgabe darstellen würde, um seine innerlich ruhende Tonkunst qualitätsgerecht behandeln zu können. Die Band "Secrets Of The Moon" hat sich seit jeher um ihre Eigenständigkeit bemüht, fing man doch schon 1995 an, seine eigenen Ideen möglichst frei von Klischees und mit dem Drang zur Emanzipation zu verwirklichen. Auch auf ihrem zweiten Album zeigen die Deutschen, dass es nicht an der Musik selbst ist, sondern genauso an den Personen dahinter, die ihren Geist in ihr ausleben. Zwar löste sich die Band erst nach und nach von traditionellen Gegebenheiten ihrer vermeintlichen Stilrichtung, doch wurde damit der Wille bewiesen und das Ende steht bis jetzt noch offen. Somit gibt "Carved In Stigmata Wounds" einen weiteren Bezugpunkt auf die Entwicklung dieser sich von der Masse abhebenden Band. Ich möchte hier sogar ein Wagnis des Vergleiches mit seinerzeit Emperor nicht meiden, wenn diese auch technisch gesehen wohl unerreichbar bleiben.
Ab jetzt sollte den meisten klar sein, dass sich die Musik sehr speziell und vielschichtig verhält. Der Tonträger ist diesmal, im Gegensatz zum Vorgänger "Stronghold Of The Inviolables", in drei Themen unterteilt, die aber der selben Thematik entsprechen - zerstöre um zu erschaffen - und führt diese fulminant weiter. Der Satz bezieht sich auf beide Werke in der Form, dass eine bestimmte Gruppe an Menschen der religiösen Weltherrschaft und der (damit verbundenen) menschlichen Verdummung Widerstand leistet, sich ihrer Prinzipien und moralischen Gesellschaft entzieht, um zu ihren Wurzeln zurückzukehren und neue Kraft aus ihnen schöpft. Die Menschheit hindert sich sozusagen selbst in ihrer Entwicklung. 
Der eigentliche Teil dieses Berichtes, die Musik selbst zu beschreiben, ist vielleicht alles andere als leicht, darum versuche ich diese möglichst simpel zu erklären, sofern das überhaupt möglich ist. Man würde dieses Album wohl eher in die progressive Ecke stecken, was wahrscheinlich gar nicht so abwegig zu sein scheint, denn hier findet man sowohl Elemente aus allen wichtigen Metal-Genres, als auch vereinzelt aus der Klassik. Von der Band selbst aus bezeichnet, steht ihr neuestes Werk hauptsächlich für Einfalls- und Abwechslungsreichtum, vielseitiger, erfahrener Anwendung ihrer Instrumente und Ausführung ausgereifter Kompositionen. Hat man sich doch vom alten und hölzernen Black Metal abgewandt, bestreitet man heute eine immer mehr avantgardistische Gangart, ohne aber den eigentlichen Sinn zu verlieren. Die Produktion unterlag also auch hier einem Prozess des Schleifens eines Rohdiamanten in einen glänzenden Edelstein. Jeder Song ist reich an spielerischer Vielfalt und geschickten Strukturen und das bei einer durchschnittlichen Spielzeit von acht Minuten aufwärts! Ebenso ist die Stimme Daevas' in der Lage, auf verschiedenste Weise zu überzeugen. So findet man in den einzelnen Stücken neben dem rauen Black Metal Gekrächze auch beklemmende, fast Flüsterei bzw. Sprechgesang, der gelegentlich an Attila auf "De Mysteriis Dom Sathanas" erinnert. Wie auch schon Erik im Bericht zum ersten Album, muss ich hier das Schlagwerk zusätzlich hervorheben, denn trotz starker Thrash/Death-Anlehnung zeigt es besonders deutlich die oben erwähnte, erfahrene Anwendung der Instrumente und besticht mit simplem Marschgetrommel bis hin zu komplexen Knüppelorgien. Da muss ich mich doch immer wieder fragen, ob Thrawn mit Derek Roddy verwandt ist. Zwar am Rande bemerkt, aber keinesfalls unwichtig ist auch die Gastrolle zur klassischen Abrundung dieser Veröffentlichung. Dazu hat nämlich kein anderer als Cornelius Waldner beigetragen, welcher unter anderem auch mit S. Golden in der Band "Sagittarius" tätig ist. Um es noch mal kurz zu fassen: Dieses Aufgebot an musikalischer Brillanz bekräftigt die Theorie, dass sich der Black Metal in Zukunft durch Verbindung mit anderen Stilen weiterentwickelt.
Das Album ist unglaublich intensiv und man braucht eventuell mehrere Durchläufe, bevor man dieses Glanzstück zu verinnerlichen vermag. Zum Abschluss dieses Berichtes möchte ich noch meinen Hut ziehen, denn diese Band hat mir unter anderem gezeigt, wie man den Schwarzmetall nicht besser hätte fortführen können. Ein Meilenstein der deutschen schwarzen Tonkunst.

10/10

Official Website

 

psephos
28.02.2004


Redaktionsbewertung:
azaghal 7 psephos 10
Laeknishendr 9 Amicus 9
Erik 10 odium 9
sic 9,5 Wolfsgrimm 9,5
Argathon - Herr B. 10
Gesamtdurchschnitt: 9,2