SHINING

Within Deep Dark Chambers (2000)

Für den einen rückt sich Kvarfoth mit jedem neuen Kommentar in ein weiteres, schlechtes Licht, für den anderen formiert er sich immermehr zu einer Art Kultfigur. Wie man diesen doch recht ungewöhnlichen Geist, samt seiner Freitod-Propaganda auch sieht und wie man von ihm denkt, soll jedem selbst überlassen bleiben, doch wäre das was Shining fabriziert, ohne diese Person wirklich Shining? Wohl kaum, denn das was jener Kvarforth versucht den Hörern einzuflößen, findet in seiner Musik zumindest das nötige klangliche Grundkapital, um sich dementsprechend zu manifestieren. 
Ja, die Manifestation dieser Gedanken stellt "Within Deep Dark Chambers" ohne Zweifel dar. Dieses Debut legte das Klangbild fest, welches sich auf den bisherigen beiden Nachfolgern, immer wieder auf ein Neues offenbarte: verwaschen-wirkende, eindringlich-bösartige Gitarrenläufe, tempovariierendes Drumming und verzweifelte, winselnde Vocals, wie man sie sich, so integriert, besser kaum vorstellen könnte. Finster und bedrohlich kriecht die Musik, sei sie schleppend, aus der Anlage und nimmt die Gestalt eines bösen Geistes an, der nach deiner Kehle greift. Fies und vergewaltigend springt die Musik, sei sie schnell, aus derselben hervor und reißt dir blitzartig die Haut vom Leibe. Dies vermögen die kriechenden Parts jedoch ebenso - nur langsam und qualvoll... An deinem Hals verharren, können allerdings auch die treibenden Abschnitte, sodass man das ganze Album nur einen Gedanken hat: Tod. Er ist es nämlich, der dir seine Schönheit ins Ohr flüstert und dich überredet für 51 Minuten in sein Reich einzutreten. Allein das einleitende Sample klingt extremst bedrückend und einengend - ja fast hypnotisch. Hier wird weniger mit Depressivität gearbeitet, sondern mit reiner Verzweiflung. Vocals und Riffs reden einem förmlich ein, dass das Leben sinnlos ist und ein Ende finden sollte - es ergibt sich demzufolge kein melancholischer Teil auf dem Album, an dem man zu Tränen gerührt nach dem Sinn des Sterbens fragt. Denn das verbreitete Gefühl, welches im besagten Sample seinen Anklang fand, zieht sich konsequent durch die ganze Scheibe, ohne auch nur einen Moment des Aufatmens zu gewähren. Selbst Akustikpassagen verkörpern Hoffnungslosigkeit und Todessehnsucht. 
Es ist kaum im Bereich des Möglichen, Shinings musikalische Darbietung des Selbstmords real zu beschreiben, denn eine so extrem dichte Atmosphöre verspürt man verdammt selten, egal welcher Natur sie ist. Es ist nicht Musik, die Depression verkörpern soll, es ist viel mehr Musik, die den Hörer in jene hineindrängt. Resultierend sind immerwieder Verzweiflung und Resignation. Stelle man sich allein die Tatsache vor, der Sound sei ein definierbares Element - es wäre die Luft, die "Within Deep Dark Chambers" atmet, denn die Produktion ist absolut unverbesserlich, will man die erwähnten Emotionen in Wort und Ton fassen. Alles unterstützt die beängstigende Ausdrucksstärke der von Kvarforth vorgetragenen, mal fies und wütend, im Sinne von "Bring dich endlich um!" geschrieenen oder extremst gepeinigten, zerrütteten Vocals, die fräsenden und einheitlichen Riffs der hypnotisierenden Gitarren oder der verzweifelnd-hämmernden Drums enorm. Schlepp-, Midtempo und Prügelei überreichen sich im Staffellauf die Herrschaft über den Hörer und bringen somit eine wunderbar stationierte Abwechslung ins Spiel, die einen die Effektivität der Tracks erst recht spüren lässt. 
Im Grunde ist dieses Album, was Feeling und Atmosphäre betrifft, perfekt, nur warte ich noch auf den absoluten Shining-Hit, der alles in Grund und Boden reißt. Mit "Stonelands" oder "Inisis" haben sie dies schon so gut wie erreicht.

9,5/10

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sic
04.06.2003