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Schon nach den ersten Minuten dieses Albums wird klar, hier wird vom Hörer Zeit gefordert, Zeit die er sich
einfach nehmen muss, wenn er in das geheimnisvolle Dickicht des Trauerwaldes vordringen will. Denn auf
Schattendasein's erstem Werk geht es eher besinnlich zu. Die Songs sind durchweg überdurchschnittlich lang
und fordern daher vom Hörer ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit, zeitweise allerdings auch etwas
Durchhaltevermögen. Zum Glück gibt es aber immer wieder Stellen, die einen aufhorchen lassen und verhindern,
dass man sich im "Trauerwald" verirrt.
Der Opener "Die stillen Herrscher des Moores" schafft es klanglich wie textlich eine sehr intensive
Atmosphäre zu erzeugen, die einen recht schnell fesseln kann. Eine gewisse Morbidität eingehüllt in tiefe
Düsternis macht sich breit, allein erschaffen durch schmerzlich-verzerrte, schleppende Gitarren und
eindringlichen Gesang, mal flüsternd, mal kreischend, mal dem Wahnsinn nah. Untermalt wird diese Atmosphäre
noch durch die sehr gelungenen Texte in deutscher Sprache, die mich entfernt an Nocte Obducta's ganz eigene
Art der Poesie erinnern und die sich auf diesem Niveau auch durch das gesamte Werk ziehen. Leider wird man
vom nachfolgenden Track mit einem totalen Stilwechsel jäh aus dieser Stimmung gerissen, der es einem mit
seinem thrashig - ja fast punkig anmutenden Ohrwurmcharakter und einer reichlich überzogenen Spielzeit von
mehr als neun Minuten nicht grad leicht macht, bei der Sache zu bleiben und einem die Stirn in Falten legt.
Schade. Doch die Entschädigung folgt auf dem Fuße und zwar mit "Von grambestirnter Frühlingswut". Hier scheint
einfach alles zu passen. Ein gelungenes Riff nach dem anderen, gefolgt von harmonischen Gitarrenläufen, die
mich manchmal an das grandiose "Lovelorn Rhapsody" von Anathema erinnern und immer wieder dafür sorgen, dass
genug Abwechslung vorhanden ist, auch wenn man es mit den gut 15 Minuten vielleicht ein bisschen übertrieben
hat. Auffallend auch der fünfte Song, der besonders von seinen kranken Disharmonien im Mittelteil lebt, welche
nicht zuletzt für den hohen Wiedererkennungswert sorgen. Mehr davon!
Besonders hervorheben muss ich nochmal den Gesang, der, egal auf welche Weise vorgetragen, an jeder Stelle
dieses Albums vollends überzeugen kann, selbst in den cleanen, teils mehrstimmigen Passagen. Eher negativ ins
Gewicht fallen dagegen allerdings der doch eher dünne Klang der Gitarren und der etwas kraftlos vor sich hin
klopfende Drumcomputer. Hat man sich aber erstmal an diesen gewöhnt, fügt er sich
recht erträglich in das Gesamtbild ein und tritt zumindest nur selten störend hervor. Insgesamt geht der Sound auf dieser Scheibe
aber völlig in Ordnung.
Ein paar Durchgänge braucht das Debut der Deutschen auf alle Fälle, um sich damit anfreunden zu können. Und
ob es wirklich nötig ist, Ideen teils mehr als 15 Minuten lang auszudehnen, ist ebenfalls eine Frage, die
im Raum stehen bleibt. Auch hätte ein Trommler aus Fleisch und Blut den Stücken sicher mehr als wohlgetan,
Schwächen weist das Ganze also definitiv auf. Dennoch hinterlässt dieses recht eigenständige und auch
eigenwillige Erstwerk bei mir einen überwiegend positiven Eindruck, auch wenn sich die Geister hier wohl
scheiden werden. Einen Blindkauf empfehle ich hier also nicht und verweise daher auf die Webseite der Band,
wo man sich einen akustischen Eindruck dessen verschaffen kann, was einen erwartet. |
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