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Wenn es je eine Band gab, die sich selbst im Wege stand, dann die Franzosen
Saatkrähe. Das Unglück fängt schon an, bevor das Demo überhaupt seinen Weg
ins Kassettenlaufwerk gefunden hat. Mag man über den Namen noch großzügigst
hinwegsehen, so hört der Spaß spätestens mit einem Titel wie "Für der Graf"
auf. Derlei Wörterbuchunfälle klingen so sehr nach BM-Spaßprojekt, dass der
Hörer sich auf Schlimmstes gefasst macht.
Und wenn dann schließlich die Musik ertönt, sieht es auch zunächst so aus,
als ob genau das geboten würde. Zu hören ist nämlich vorerst nur ein hintergründiges Rauschen. Es bedarf eines sehr beherzten Drehs am
Lautstärkeregler, um das gleichtönige Brummen in Rhythmen und Melodien zu
verwandeln. Das Ganze ist zwar auch dann bestenfalls als Klangbrei zu bezeichnen, aber durch den Nebel
dringt - und das ist wirklich eine Überraschung - recht gelungener Black Metal.
Natürlich geht es sehr traditionell zur Sache, als wichtigster Einfluss scheint
stellenweise Burzum recht deutlich durch. Vor allem der Demoauftakt ist stark von
den Frühwerken des Norwegers geprägt und "Vlad's Tomb" könnte im Prinzip auch
"Varg's Tomb" heißen. Aber erstens ist das noch kein Weltuntergang und
zweitens ist es heutzutage schon lobenswert, dass das Vorbild mal NICHT "Filosofem" ist.
Immerhin kopieren Saatkrähe nicht allzu dreist und erweisen sich darüber
hinaus als kompetente Interpreten klassischen Schwarzmetalls: An primitiv-düsteren
Melodien herrscht kein Mangel, der Gesang ist gelungen garstig. Und über
Kopfhörer kann man sogar einen recht prominenten Bass genießen, der hier
einen Hauch tieftönend-pulsierender Melancholie verbreitet, dort stoisch
malträtiert wird und gelegentlich sogar den sechs Saiten die alleinige Vorherrschaft
streitig macht. Mein persönliches Lieblingsstück ist "Ravens Fly Over The
Lands Of The Dragon", das mit seinen schwebenden Gitarren etwas an das geniale
Perished-Demo erinnert. Und hier kann man sogar erkennen, dass der Produktion
trotz eines gegenläufigen ersten (und zweiten und dritten) Eindrucks etwas
Aufmerksamkeit geschenkt wurde: das Schlagzeug wurde äußerst effektvoll
aufgenommen und verleiht dem Stück eine sehr charakteristische Note.
Am Ende bleibt die ewig junge Erkenntnis, dass der Schein trügen kann. Und
das manchmal gewaltig. Sogar hinter Namensunsinn, Sprach-GAU und heftigem
Bandrauschen kann sich eine talentierte Truppe verbergen. Skeptiker werden
jetzt vielleicht sagen, eine Überdosis Krach hätte meinem Oberstübchen
geschadet, aber in meinen Ohren hat mittlerweile sogar die rein "objektiv"
völlig indiskutable "Produktion" einen gewissen Charme gewonnen. Und da ich
an dem Material an sich wenig bis gar nichts auszusetzen habe, gibt es keinen
Grund, nicht mit beiden Händen in den Punktetopf zu greifen. Zwar ist die
unten stehende Wertung aus genannten Gründen mit Vorsicht zu genießen,
aber wer es richtig räudig mag, der kann mit Saatkrähe durchaus glücklich
werden. |
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