ROTTING CHRIST

Apokathelosis (7" EP 1992)


Bei allen Diskussionen über Black Metal oder Metal im Allgemeinen kamen viele meiner Lieblingsformationen zur Erwähnung und wurden bewertet, ausge- schlachtet, verdammt oder genialisiert. Doch als mir letztens ein Album mit Namen "Non Serviam" in die Hände fiel, wusste ich, dass eine Institution immer wieder aufs Neue vergessen wurde: Rotting Christ. Die Ursache für jene Verschleierung mag vielleicht an diesen Göttern selbst liegen, war doch ihre Musik nie die Standardkost, die ein Schwarzmetaller unter Black Metal versteht. Aber Berühmtheit hin oder her, das erwähnte Scheibchen, welches 1994 Licht und Dunkel dieser Welt erblickte, weckte in mir Erinnerungen an alte Tage. Grund hierfür war, dass ich diesen Sound schonmal irgendwo gehört hatte, diese musikalischen Konstruktionen schonmal irgendwann genießen durfte. Und plötzlich wurde mir klar, dass ich für eine eigentlich recht kurze Zeit die "Apokathelosis" 7" der Griechen vollkommen aus meinem Gehirn gestrichen hatte. Weiß der Teufel warum, denn diese Mini-Rille gehörte schon seit Anbeginn meiner hartstählernen Zeit zum Genialsten, was ich je vernommen habe. Logischerweise noch keine klare Trennlinie zwischen schwarz und tot ziehend, ist dieses Material das wahrscheinlich beste, was Rotting Christ jemals geschrieben haben. 
Die beiden Tracks "Visions Of The Dead Lovers" und "The Mystical Meeting" vereinen zwei völlig gegensätzliche Dinge auf anmutige Art und Weise: Monotonie und Variabilität. Hier kommt wirklich die ganze Palette zur Geltung, ergo von schleppend über frickelig bis hin zum Geprügel ist alles vorhanden und trotzdem klingt alles wie aus einem Guss. Bei keiner anderen Klangform liegen emotionale und musikalische Momente so nah aneinander und sind doch so weit getrennt. Vielleicht ist auch einzig und allein dieser furchtbar druckvolle und finstere und doch sägende und quälende Sound, der nicht mal kristallklar oder gar massenkomatibel ist, Schuld daran... Die Songgerüste, dieser beiden Edelstücke sind an sich jedoch nur noch mit dem Wort Perfektion zu beschreiben. Die typischen Rotting Christ-Klampfen mit ihren markanten und originellen Riffs erreichen auf "Apokathelosis" ihre Vollkommenheit, während die Drums monoton und doch abwechslungsreich Nägel in die Schädeldecke eines jeden Hörers schlagen. Untermalt mit sehr kurzen, aber absolut wirkungsvollen Synthie-Klängen wird eine wahrlich okkulte Atmosphäre kreiert, die so gefühlt bisher unvergleichlich die absolute Referenz darstellt. Um nicht missverstanden zu werden: Rotting Christ spielen garantiert nicht den besten Black Metal, der jemals Form annahm, aber wie sie den Black Metal hier in ein bis heute vollkommen einzigartiges Licht rücken, ist einfach göttlich. Mehr weiß ich zur musikalischen Definition dieser 7" nicht zu sagen. 
"Apokathelosis" steckt voller Dramatik, Düsternis und Bosheit, fern aller nord- oder mitteleuropäischen BM-Prinzipien und ich bin mehr als stolz dieses kleine Stück Vinyl mein Eigen nennen zu dürfen. Diese zwei Werke an schwarzem Stahl strotzen vor Kult und sind und bleiben einzigartig.

10/10

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sic
03.09.2003