REALM OF CARNIVORA

Verised Relvad (2003)


Es gibt noch Zeichen und Wunder. Während sich die meisten Alben - egal ob gut oder schlecht - schon nach wenigen Durchläufen problemlos einordnen und bewerten lassen, rotierte "Verised Relvad" für Wochen immer mal wieder in meinem CD-Spieler, bevor ich mich zu einer halbwegs gültigen Meinung durchringen konnte. Ob das für die Band nur von Vorteil ist, wage ich im Zeitalter des schnellen, oft beiläufigen MP3-Konsums mal zu bezweifeln, benötigt man doch gewisse Zeit, um mit Realm Of Carnivora warmzuwerden. Was mich anfänglich gestört hat (und immer noch nicht restlos glücklich macht), ist der Klang des Schlagzeugs, das mir viel zu sehr in Richtung Japaner produziert wurde. Und wie das eben so ist: Erste Eindrücke sind nur schwer zu korrigieren, also wurde das Album in der Prioritätenliste erstmal nach hinten verbannt. Denn aus irgendwelchen mysteriösen Gründen wollte ich "Verised Relvad" nicht mit einer halbgaren Kritik abspeisen. 
Mittlerweile konnte ich diese "mysteriösen Gründe" identifizieren: Wenn man sich erstmal mit dem Trommelklang abgefunden hat, wird man irgendwann feststellen, dass ROC ein richtig starkes Album gelungen ist. Die "Blutigen Waffen" der Esten sind acht abwechslungsreiche Kompositionen rauhen Black Metals, die aufgrund des Gitarrenklangs etwas an "Filosofem" erinnern, ansonsten aber recht eigenständig daherkommen. Was "Verised Relvad" zu einem stellenweise überwältigenden Album macht, ist die Fähigkeit der Band, dunkelste Stimmungen zu erzeugen. Dazu trägt natürlich die rauhe Produktion bei, die besonders in den todesmetallisch angehauchten langsameren Abschnitten mit einem abgrundtiefen Bass auftrumpft. Um den Tieftöner voll geniessen zu können, empfiehlt es sich, das Album sehr laut über Köpfhörer zu konsumieren. Atmosphärisch noch viel wichtiger als der reine Klang ist jedoch der wohldosierte Einsatz von allerlei Effekten. Wenn zum Beispiel in "Peata Inimene Ei Karju" oder "Ihast Ja Neitsilihast" ein Horn kurze, alptraumhafte Auftritte hat, dann frage ich mich ernsthaft, warum dieses Instrument von so wenigen Bands genutzt wird. 
In all der Dunkelheit will ich natürlich nicht vergessen, ROC auch als Songschreiber zu loben, denen ein paar mehr als nur anständige Riffs eingefallen sind. Neben den bereits erwähnten Stücken wäre da besonders "Üle Laipade" zu nennen, das für mich so etwas wie die "Hitsingle" auf einem Album darstellt, dem ich trotz anfänglicher Reserviertheit gerne und mit gutem Gewissen acht Punkte gebe.

8/10

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Erik
10.12.2003