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Also langsam bekomme ich Angst. Die französische Black Metal-Szene sprudelt derzeit ja förmlich über an neuen
oder alten, richtig guten Kombos, wie beispielsweise Nehëmah oder die umstrittenen Ad Hominem. Mit Nydvind zeigt
sich ein weiteres Unternehmen der Öffentlichkeit und das in Form des Faustschlags "Eternal Winter Domain". Man
selbst bezeichnet die eigenen Kreationen als Nordic Heathen Metal, was durchaus so stehengelassen werden kann,
doch bevorzuge ich dennoch die schlichte Umschreibung Pagan Metal, denn etwas anderes als genau das vernimmt man
bei Nydvind eben nicht.
Für Erstaunen sorgt gleich zu Beginn die überdurchschnittliche Professionalität, mit der sowohl beim Artwork, als
auch der Produktion, sowie eigentlicher Musik agiert wurde. All das fügt sich nämlich zu einem Werk zusammen, wie
ich es in diesem speziellen Genre lang nicht mehr gehört habe. Absolut harmonischste Atmosphäre wurde hier mit
sägender Aggression verquickt und lässt die Franzmänner im Schein der Eigenständigkeit glänzen. Herausragend und
einprägsam ertönen auf "Eternal Winter Domain" immer wieder Akustikgitarren, die Melodien ausschicken, welche
soetwas wie die Quintessenz zwischen Anmut, Stolz und Melancholie verkörpern und diese leiten jedesmal fiese,
mal rasende, mal stampfende Kompositionsbruchstücke ein, denen nur Odin selbst seinen Segen gegeben haben kann.
Enorm viel Geschick zeigen diese Arrangements auf, da die ruhigen Passagen so lang auf die Spitze getrieben
werden, dass man sich an einem Punkt sagt "Jetzt, genau jetzt soll's scheppern!" - und das tut es dann auch. Die
zeitliche Abstimmung zwischen Besinnlichkeit und Wutausbruch ist jedesmal derart genau, dass es eigentlich kaum
zu glauben ist, hier ein Debut-Album vorliegen zu haben. So wird man Zeuge von wütenden, hypnotisierend-eingängigen
Schrammeleien und epischen, langsamen Augenblicken, die vor Variationsreichtum überlaufen, ohne das jeweilige
Extrem von Härte und Ruhe zu sehr auszuloten. Man fand sozusagen das gesündeste Mittelmaß.
Ebenso beeindruckend sind die Vocals, welche ausgeglichenermaßen zwischen Krächzen und klarem, wahrlich nordischem
Gesang hin- und herwechseln und "Eternal Winter Domain" zu einer Sternstunde des Pagan Metals avancieren lassen.
Das Talent der beiden Sänger Hingard und Kraban wird gleich im Intro "A Winter Chant" unter Beweis gestellt und
darf sich die ganze Scheibe über erfolgreich neu behaupten. Diesbezüglich lassen sich Parallelen zu Enslaved's
Kunstwerk "Frost" nachvollziehen, rein instrumental erinnert man jedoch aufgrund des Riffings öfter an Graveland,
was in Verbindung mit dem ersten Band-Vergleich eine wirklich tolle Symbiose ergibt. Dabei kreischen die Gitarren
hier hassende, dort verzweifelnde Melodien heraus, welche jeweils in Motivation, Angriffslust oder Schwermut
gebadet haben müssen, denn obwohl man nie in unkontrolliertes Gepolter verfällt, ist der Härtegrad doch hoch genug,
was auch dem sägenden Klang der Klampfen zuzuschreiben ist. Alles in sich vereint ergibt dann Übertracks wie das
schleppende "Thunderhymn" oder das peitschend-dramatische "Blood And Steel", welches nicht einfach nur Highlight
des Albums ist, sondern für mich schon jetzt Evergreen-Status einnimmt.
Neben den rein musikalischen Eigenschaften wirken Nydvind mit ihrem Werk irgendwie edel und erhaben, womit man
zweifelsfrei Individualität erreicht. Frisch und jung somit entsprechend reizend, vertonen diese Franzosen purste
Emotionalität, fernab aller gängigen Klischees und führen das geistige Auge durch endlos thronende Landschaften
des hohen Nordens. Ein genial fabrizierter, weil technisch überragender, abwechslungsreicher und zutiefst rührender
Machtbeweis, der schlichte Begeisterung zurücklässt, das ist "Eternal Winter Domain", nicht mehr und nicht weniger.
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