NORTHSTREAM

Time Of Triumphal Cleanliness (CD 2004)


Manchmal fragt man sich als Rezensent, ob die Musiker hinter einer Band, die höchstens Durchschnittskost anzubieten haben, ihre auf Tonband gebannten Kompositionen auch wirklich ernst meinen. Ähnlich ergeht es mir mit dem hier vorliegenden "Time Of Triumphal Cleanliness" von den aus Russland stammenden Northstream. Allein schon die mit schweren grammatikalischen Fehlern gespickten Songtitel ("When The Forest Crying" darf da mal herhalten) lassen jeden, der ansatzweise mit dieser Sprache zu tun hat, verwundert den Kopf schütteln. Obwohl die Lyrics nicht im sonst schön gestalteten Booklet mit Bildern zu jedem Titel abgedruckt sind, kann man dem Sänger, zu dem ich später noch ausführlicher komme, einzelne Textpassagen entnehmen. Diese erwecken den Eindruck, die beiden Bürschchen hätten im Englisch-Unterricht nicht ordentlich aufgepasst. Wie dem auch sei, wir sind hier nicht in einem Klassenzimmer, in dem der Professor gerade die kontrollierten Arbeiten zurückgibt, deswegen werden nun die Lieder, kurz zusammengefasst, beschrieben.
Da bei neueren BM-Combos meist die echten Schlagzeuger fehlen, werden die allseits bekannten Drumcomputer, die bei den Russen "Synth Drums" genannt werden, verwendet. Sich meist in einem sich ständig wiederholenden Tempo befindend, hämmert der kastenförmige Schlagzeuggast aus Japan wie immer ohne Spielfehler seine Parts herunter, wobei auch - man mag es kaum glauben - Variationen nicht die Ausnahme darstellen, siehe "New North" und "Under The Crystal Sky" (mein persönlicher Favorit auf dieser knapp 25minütigen Scheiblette). Die Drums hinterlassen also einen eher zwiespältigen Eindruck, der durch die Gitarren zugunsten des Duos korrigiert werden kann. Sowohl todessehnsüchtige, als auch im Stakkatotempo angesiedelte Riffs sind auf "Time Of..." zu finden, hier indes die Verwendung einer bestimmten Melodie von weit kürzerer Dauer ist, somit die Wechsel zwischen den Akkorden weitaus öfter stattfinden. Ist zwar aufgrund des monotonen Schepperns des künstlichen Schlagzeugs schwer vorstellbar, im Falle Northstreams aber durchaus gelungen in die Realität umgesetzt worden. Einziger Haken dabei: Die unerträglichen Vocals, die jedes wohlernährte Ohr killen und bei ihrem Label die fragwürdige Auszeichnung "from the deepest levels of hell" einheimsen konnten. Scald, so der Name dieses Verbrechers, zerstört mit seiner verzerrten Morgenstimme jegliche aufkommende Atmosphäre, die den beiden das Image einer passabel arbeitenden Truppe mehr als versauen. Fast schon gelangweilt/unfreiwillig komisch krächzt sich der Unterbieter jedes schlechten Geschmacks durch die kurzen Ansammlungen guter Ideen. Solch widerliche Eigenschaften führen ergo zu einem nicht herbeigewünschten Wiedersehen mit dem Mittagessen! Die Produktion kann da, trotz der für derartig schlechte Voraussetzungen guten Abstimmung jedes Instruments, nichts mehr retten.
Fazit: Um es in den Worten von Total Holocaust Records zu formulieren: "This will be like nothing your weary ears have heard." Mein vergewaltigtes Hörorgan wird jedenfalls nie wieder damit geschädigt, mit Ausnahme von "Under The Crystal Sky", dann aber auch nur, wenn ich was Unausgewogenes zum Kotzen brauche. Höchstens für Russland-Lunatics und Allessammler geeignet; alle anderen sollten die Finger von diesen ersten gescheiterten Gehversuchen lassen!

4/10

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Amicus
13.06.2004