NOCTERNITY

A Fallen Unicorn (CD/LP 2004)


Zu kurz war es, das Vergnügen, das "Onyx" geboten hat. Sicher, das Album ist an sich perfekt, auch von der Länge her. Doch kann man von derlei Musik je genug bekommen? Genau. Das haben sich auch die Griechen gedacht und schieben - rechtzeitig zum Julfest - "Onyx, Pt. II" hinterher.
Leider beinhaltet "A Fallen Unicorn" nur drei "richtige" neue Stücke. Das ist nicht umwerfend viel, doch immerhin handelt es sich bei diesen eben um Nocternity-Kompositionen; gute Unterhaltung ist also auf Wochen hinaus garantiert. Das Album macht genau dort weiter, wo der Vorgänger aufgehört hat. Unterschiede in Sachen Produktion oder musikalischer Vorgehensweise lassen sich kaum ausmachen. Kein Wunder, schließlich wurden beide Alben gleichzeitig aufgenommen. Doch ich für meinen Teil brauche im Hause Nocternity auch (noch) keine Veränderungen, zu herausragend und vollkommen sind die gegenwärtigen Ergebnisse. So ist auch "A Fallen Unicorn" wieder epischer Black Metal, wie man ihn besser nicht zelebrieren kann. Anders vielleicht, das will ich gar nicht bestreiten, doch auf ihre Art sind die Griechen über Kritik (meinerseits) absolut erhaben. Schon die Produktion ist ein Hochgenuss: kraftvoll hallendes Schlagzeug, dichte Gitarrenwände, frostige Leads, nebelige Keyboards, flächig-hintergründiger Gesang. Und dann diese Lieder! Unglaublich, wo Nocternity all diese wunderbaren Melodien hernehmen. Wie sich die tonangebende Gitarre durch den Schneesturm in immer größere Höhen aufschwingt - das ist Gänsehaut pur. Gewittergemälde sind diese Kompositionen, voller Urgewalt und zerstörerischer Schönheit, fesselnd, mitreißend, dabei voller melancholischer Untertöne. Und zuweilen gießt man sogar offen Schwermut in Töne. Hört euch nur mal den Abschluss von "To Grey Olden Shores" an und behauptet dann noch, irgendeine Suizidkapelle hätte jemals etwas derart Berührendes erschaffen.
Auf der "B-Seite" schließlich gibt es allerlei "Füllmaterial" zu bestaunen. Recht gelungen ist das Björk-Cover "Pagan Poetry", das zwar nicht metallisiert wurde, aber ein wunderbar atmosphärisches Zwischenspiel darstellt. Die folgende ältere Version des Titelstückes zeigt dann vor allem, wie deutlich sich Nocternity entwickelt haben. Auch damals kein schlechtes Stück, mussten die Griechen doch erst noch ein paar Jahre reifen, um das vorhandene Potential voll auszuschöpfen. Die noch weiter zurückliegenden Lieder von der Split mit Akitsa im Anschluss sind höchstens für Sammler interessant: Musikalisch kann jenes Material nie und nimmer mit Nocternity im Jahre 2004 mithalten. Von daher wäre es schön gewesen, mehr von der heutigen Evolutionsstufe der Griechen auf dem Album zu hören. Doch in Anbetracht der Qualität des auf der "A-Seite" Gebotenen ist dieser Wunsch ziemlich unbescheiden.

9/10

Official Website

 

Erik
17.12.2004


Redaktionsbewertung:
azaghal - Johannes -
Laeknishendr 9 psephos -
Erik 9 Amicus -
sic - Wolfsgrimm 9
Argathon - Herr B. 8
Gesamtdurchschnitt: 8,8