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Alt, alt, alt... Alte Eisen rosten ebenso gut wie hartes Eichenholz an einem verregneten Tag, durchstrahlt von
Herbstsonne... Nicht dass Nocternity zum Erwähnten zählen würden, aber sie haben sich scheinbar bestens darauf
vorbereitet, der hungernden Horde zu beweisen, dass es noch zeitlose Musik geben kann. Zeitlos, ohne eben alt
und ausgelaugt zu wirken, dabei gewissen Ursprüngen mehr als beizupflichten und trotzdem entgegen zu schreien.
Was Immortal, Satyricon, Impaled Nazarene, Kvist oder gar Dimmu Borgir damals geschaffen haben, gelingt diesen
Griechen ohne den geringsten zeitlichen Anlauf.
"En Oria" ist die erste Veröffentlichung von Nocternity, kommt aber dieser Tage erst als nett gestaltetes
Vinyl-Episödchen heraus. Und was soll man sagen? Ihr 2004er Götterstück "Onyx" zu übertreffen steht fast außer
Diskussion. Das Derbe an "En Oria" ist, dass es Nocternity beim ersten, regulären Release schon schafften,
hinreißenden, bewegenden Black Metal zu spielen. Fern aller Vergleiche, die angestrebt werden könnten,
zelebrieren Khal Drogo und Nerkaal ein Fest an Emotionen, dass es schlicht berauschend ist. Ja, berauschend,
denn man wird in einen Rausch geprügelt, ob man will oder nicht. Es sägt, pompöst, beunruhigt, erschreckt,
zerbricht, zerfällt, inspiriert und begeistert, dass es, ja, dass es einfach nur Black Metal sein kann. Ich
drücke Kommentaren wie "solide, aber nichts Besonderes" bewusst den Ungültigkeits-Stempel auf. Wer jemals
"Enter The Rift Of Chaos" gehört hat, weiß, dass vorliegende These schlicht falsch ist. Mitreißend ist diese
Musik, bei der Gitarren Melodien erschaffen, jenseits gewohnter Normalität, bei der das Drumming so urrein
ertönt, als sei's den eigentlichen Prinzipien entsprungen, bei dem Gesänge dermaßen perfekt arrangiert sind,
dass nur götterwürdige Lobgesänge entstehen können und bei dem ein Keyboard dermaßen wirkungsvoll mitwirkt,
welches den Schmelztiegel quasi zum überbrodeln bringt.
Und, ja, mittlerweile bin ich sowohl dazu bereit "En Oria" mit "In The Nightside Eclipse" zu vergleichen, als
auch zu behaupten, dass es mindestens ebenso prächtig geraten ist wie "Onyx". Rasend hier, gemächlich dort;
fast süßlich im ersten Schein, dann wieder streng zehrend im nachhinein. Strukturen trotzen dabei jeglicher
Gewohnheit, gerade weil sie wirklich zu jedwedem Zeitpunkt sitzen. Wenn ein tolles Riff die scheinbare
Vernichtung einleutet, kommt eben kein "Wir lassen uns Zeit"-Gewäsch, nein, was folgt ist zu jedem Zeitpunkt
purste Erfüllung. Selbst recht komplexe Soli fanden ihren Weg in die Stücke und untermalen eine kalte,
undurchschaubare Atmosphäre umhüllt von skurilen Tatsachen - überwältigenden Tatsachen. Und ich weiß nicht, wie
diese verdammten Griechen das hinkriegen, aber es gelingt ihnen scheinbar mit einem Achselzucken. Hier fällt
alles unter den Hammer, "En Oria" ist schlicht phänomenal. |
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