NOCTERNITY

Onyx (CD 2003)


Es gibt noch Zeichen und Wunder. Zugegeben, nicht allzu oft, aber immerhin oft genug kommt eine Band des Weges und bringt ein Album mit, das meine BM-Welt durcheinanderwirbelt. Trotzdem sind Nocternity ein besonderer Fall, denn nach den bisherigen Veröffentlichungen konnte man die Griechen eigentlich problemlos als "solide, aber nichts Besonderes" einordnen. Was mit der Band passiert ist, um ein Album wie "Onyx" zu erschaffen, ist mir nicht bekannt, die Tatsache eines Quantensprungs aber unüberhörbar, wenn man sich mit dem Werk auseinandersetzt. Doch der Reihe nach, ich werde versuchen, vor lauter Begeisterung nicht in zusammenhangloses Gestammel zu verfallen.
"Onyx", das dritte Album von Nocternity, bietet Black Metal, wie er überzeugender kaum dargeboten werden kann. Stilistisch würde ich die Südeuropäer dabei als halbwegs originell bezeichnen wollen. Zwar wird die Gitarre nicht neu erfunden, aber zumindest verschließt man sich den momentan gängigen Strömungen (die ich jetzt nicht alle aufzählen werde). Als entfernten Anhaltspunkt könnte man Sear Bliss nennen, um den musikalischen Gesamteindruck zu beschreiben, allerdings setzen Nocternity ihr Keyboard wesentlich sparsamer ein und wirken allgemein bodenständiger und brutaler. Einen nicht zu verachtenden Anteil daran hat sicher die Produktion, die ich persönlich einfach perfekt finde. Roh, aber dennoch detailliert werden die Instrumente wunderbar in Szene gesetzt, das Schlagzeug markant donnernd, die Gitarren eine alles vernichtende Sturmfront, druckvoll, klirrend kalt, dennoch sehr organisch. Dazu dezente Keyboards und eine kräftige Portion Hall auf dem Gekreische. Insgesamt in meinen Ohren eines der am besten klingenden BM-Alben überhaupt.
Die "Verpackung" ist also makellos, wichtiger jedoch ist der musikalische Inhalt. Und der ist noch viel besser. "Onyx" ergreift, begeistert und macht süchtig. Ob rasend aggressiv, majestätisch mit Keyboardunterstützung oder zerstörerisch im Midtempo: Nocternity können einfach alles und basteln aus im Prinzip altbekannten Zutaten fünf fantastische Stücke. Schon das langsame, erst ganz allmählich in Schwung kommende erste Lied ist äußerst gelungen. Als Intro angelegt, explodiert "The Song Of Hammers" zum Ende hin förmlich und nimmt mit seiner genialen Leadgitarre gefangen. Auch im weiteren Verlauf sorgen die Sechssaiter oft für die magisch-genialen Höhepunkte in atmosphärisch dichten, abwechslungsreichen und spannenden Kompositionen. Einzelne Stücke hervorzuheben ist schwierig bis unmöglich, da Nocternity jeden Augenblick zu einem Genuss werden lassen. Sind es mal nicht die Leadgitarren, die mich euphorisieren, dann eben die geschmack- und maßvolle Nutzung des Keyboards oder das Schlagzeug, das mit einigen Paukenschlägen Akzente setzt.
Doch genug des Geschwätzes. "Onyx" ist ein schier unglaubliches Album, dem ich auch mit noch so vielen Worten nicht gerecht werden kann. Sogar nach mittlerweile mindestens fünfzig Durchläufen hat es nichts von seiner Faszination eingebüßt. Im Gegenteil: Meine Sucht befindet sich allem Anschein nach erst im Anfangszustand. Wenn ihr in diesem Jahrhundert nur ein Album kaufen könnt, dann empfehle ich "Onyx".

10/10

Official Website

 

Erik
13.05.2004


Redaktionsbewertung:
azaghal 10 psephos -
Laeknishendr 10 Amicus 10
Erik 10 Wolfsgrimm 9
sic 9,5 Ewigkeiten 9
Argathon - Herr B. 9
Johannes 9
Gesamtdurchschnitt: 9,5