|
Ja, es gibt sie noch, die Tage in denen sich wahre Euphorie in mir breit macht in Erwartung einer
Veröffentlichung, die sich anschickt, ihn erneut aufzureißen, den fauligen Schleier an eintönigem Mittelmaß
und teilweise schon an Frechheit grenzendem Gestümper, der dieser Tage die Metal Szene im allgemeinen und
den Black Metal im speziellen überzieht. Und so wartete ich mit echter Vorfreude darauf, endlich das neue
Werk von Nocte Obducta mit dem Titel "Nektar - Teil I: Zwölf Monde, eine Hand voll Träume" in Händen zu
halten. Zum einen natürlich um mich erneut denen widmen zu können, die mich bereits mit ihrem Erstlingswerk
"Lethe" ohne Aussicht auf Befreiung in ihren Bann gezogen hatten, zum anderen auch in hämischer
Freude darauf, dass endlich einmal wieder jemand all den selbsterklärten
"Elitisten" mit ihrem niederen 3-Akkord Bullshit zeigen würde, wie man tatsächlich finstere und emotionale Musik spielt. Auch wenn ich nicht
wirklich davon ausgehe, dass sich allzu viele von den damit Angesprochenen diesem Werk wirklich widmen
würden, auch wenn das vielleicht dazu beitragen könnte, dass einige von ihnen ihre unbestreitbare
Nichtigkeit einsehen und sich trollen würden.
Aber genug davon, widmen wir uns dem, worum es hier wirklich gehen soll: "Nektar Teil I". Nach der
vorangegangenen EP "Stille", welche in meinen Augen, bis auf "Aschefrühling", nicht wirklich überzeugen
konnte, war ich ja nunmehr gespannt, welchen Kurs man künftig einschlagen wolle: eine Fortführung der
etwas gesetzteren Gangart, die Rückkehr zu dem melodisch-aggressiven Stil ihrer sonstigen Alben oder
vielleicht die Erschaffung eines weiteren Brockens schwärzester Emotion, wie es "Schwarzmetall" war? Und
um die Frage zu beantworten, man entschied sich offenbar für eine Kombination der ersten beiden
Möglichkeiten. Denn obwohl Nocte Obducta nichts von ihrer treibenden Aggression verloren haben, werden
dennoch die teilweisen Momente der Ruhe, welche sich auch auf früheren Veröffentlichungen fanden, noch um
eine Stufe nach oben gesetzt, was der gesamten Platte eine sehr epische, manchmal sogar hypnotische Färbung
verleiht, welche aber zu keiner Zeit ihre schwarzen Wurzeln vergisst.
So geht man nach dem atmosphärischen Intro "Zwölf Monde" mit "Des schwarzen Flieders Wiegenlied" auch
gleich in die Vollen, ein donnernder Blastbeat empfängt den Hörer, liefert sich dann ein ansprechendes
Wechselspiel mit den für die Band so typischen melodischen Gitarrenläufen, nur um sich dann auch für einige
Momente in einen donnernden Death Metal-Groove zu ergehen. Und so wie sich dieses Höchstmaß an Abwechslung,
dieser ständige Wechsel der Stimmung auch im weiteren Verlauf dieses grandiosen Eröffnungsstückes fortsetzt,
so steht er auch als Beispiel für den Rest der Scheibe. Mal schleppend und melancholisch, mal nach vorn
peitschend und aggressiv intoniert man die ganz eigene musikalische Vorstellung der vier Jahreszeiten,
welche im übrigen die thematische Rahmenhandlung für "Nektar Teil I" bildet, das Ganze in Kombination mit
herausragenden Texten, fernab jedes überstrapazierten "Tod und Teufel"-Gesülzes. Und so blicke ich beim
Hören in manchen Momenten verträumt ins Leere, nur um dann in der nächsten Sekunde von der Energie der Musik
mitgerissen meine Faust erneut gen Himmel zu recken.
Das Ganze mag jetzt zwar ausgesprochen subjektiv klingen (was bei einem Review ja eigentlich nicht der Fall
sein sollte), dennoch fällt es mir schwer, bei der Qualität des Gebotenen objektiv zu bleiben und ich denke,
jeder, der die Band ebenfalls zu seinen Favoriten zählt, wird das verstehen. Allen anderen, welche sich
vielleicht nur an der gewollten Brutalität von "Schwarzmetall" ergötzen konnten, würde ich jedoch von
diesem Album abraten, denn auch mit dieser Veröffentlichung tut man euch erneut keinen Gefallen. Diejenigen
jedoch, die sich auch an anspruchsvollem, technisch perfektem, melodischem sowie auch aggressivem deutschem
Black Metal erfreuen können, sei besprochenes Album ernsthaft empfohlen... im Gegensatz zu so vielem dieser
Tage stellte dieses Werk eine tatsächliche Bereicherung dar! |
|