|
Nach dem gelungenen (offiziellen) Einstand mit "Hünengrab im Herbst", ging ich mit einer nicht unerheblichen Erwartungshaltung an die folgende Veröffentlichung heran.
Da es sich um ein Konzeptalbum handelt, war mit einigen Überraschungen zu rechnen, die von mir beim ersten Hördurchlauf nicht im Geringsten zur Kenntnis genommen wurden, vielmehr hatte ich den Eindruck, dass Nagelfar sich in einer deutlich gereifteren und epischeren Form darboten.
Nach mehrmaligem Anhören begann die Analyse und somit auch eine differenziertere Betrachtungsweise:
Schon beim Opener ("Der Frühling") fällt bereits bei der Einleitung der verstärkte Einsatz von elektronischen Elementen ins Auge,
für den wohl Produzent Andy Classen verantwortlich zeichnet und das in mancher
Hinsicht nicht zur Freude jener, die eine logische Fortsetzung von "Hünengrab im
Herbst" erwartet hatten. Das Stück enthält zum großen Teil Elemente aus dem Track "Srontgorrth" der bereits auf dem letzten Album veröffentlicht wurde und ist angereichert mit besagten
Elektro-Parts. Die Nagelfar-typischen Melodielinien bleiben dabei erhalten, der Gitarrensound wirkt jedoch zum Teil etwas
undifferenzierter (am deutlichsten wird dies später bei Kapitel 5 / "Willkommen zu
Haus"). Auffallend auch der Gesang, der nicht mehr nur bestimmt wird von jenem unmenschlichen, Verzweiflung und Trauer kündenden Gekeife.
Die sehr hohen Vocals halten sich jetzt die Waage mit gesprochenen Passagen und dunklem,
knurrendem Sprechgesang, der eine wirkliche Bereicherung darstellt und das 2.
Kapitel ("Die Existenz jenseits der Tore") zu einem echten Highlight erstarken
lässt. Später sollte ich erfahren, dass hier bereits die ersten Anzeichen für den Bruch mit dem damaligen Sänger zu suchen sind, da dieser vermehrt auf
Melancholie und Theatralik setzen wollte, konträr zur Intention seiner Kollegen. Die neue Marschrichtung auf "Virus West" und der Einsatz von Zingultus (Graupel) als Sänger sprechen für sich. Dies nur am Rande.
Kapitel 3 ("Endzeit") stellt eine weitere Variation von "Srontgorrth" dar, kann sich aber durchaus mit der Erstfassung messen und endet mit einem Sprachsample, welches uns zu Kapitel 4 ("Trümmer") führt: Dieses Stück wird wie kein anderes polarisieren, da es eine Mischung aus Industrial, EBM etc. darstellt, stellenweise durchzogen von verzerrtem Gesang, so dass sich jeder Hörer am besten selbst ein Bild hiervon macht. Das Album endet mit dem 5. Kapitel ("Willkommen zu Haus"), ein Glanzstück mit einer Mixtur aus dem bereits erwähnten eher undifferenzierten Sound und den klassischen Riffstrukturen, sowie einem furiosen Finale.
Laut Labelinfo werden "über 70 Minuten einzigartiger Black-Metal"
geboten und dies entspricht auch den Tatsachen. Allerdings signalisiert das Album eine gewisse Umbruchstimmung - man ist auf der Suche nach neuen Ufern und lotet alle Möglichkeiten aus. Dabei dürften alteingesessene Fans zum Teil vor den Kopf gestoßen werden, ein Blindkauf empfiehlt sich gewiss nicht.
Unter Berücksichtigung dieser Aspekte fällt meine Wertung auch dementsprechend vorsichtig aus: |
|