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Dass der Schein auch im überzeugend positiven Sinne trügen kann, wurde mir überraschenderweise vor einiger Zeit
bewiesen. Und zwar in Form von "Skotos Aenaon". Denn was erwartet man von einer Black Metal-Band aus Griechenland?
Ja, eine Frage in Bezug auf diese Problematik stellte ich mir des öfteren: Wie soll eine Kapelle aus solch warmen
und sonnigen Gefilden überhaupt eine Art von ursprünglichem, kaltem Black Metal-Gefühl musikalisch, klanglich und
atmosphärisch übermitteln?
Ich weiß nicht wie, ich weiß nur, dass Naer Mataron, die bereits 1995 ihr erstes Demo veröffentlichten, diese
Hürde lockerflockig meisterten. Dabei bringt man die erwähnte Ursprünglichkeit und Kälte selten auf diese Art
rüber, wie man sie von mittel- und nordeuropäischen BM-Institutionen gewöhnt ist, sondern kreiert seine ganz
eigene musikalische Interpretation und Ausdrucksweise dieser Gefühle in den Stücken. Trotzdem kann man hier und
da den ein oder anderen norwegischen Einfluss heraushören, was ich in dem Fall sehr zu schätzen weiß, da "Skotos
Aenaon" klanglich doch recht eigenständig daherkommt. Man nehme beispielsweise "Iketis", in dessen Mitte sich ein
Piano einschleust, welches Erinnerungen an ganz alte Dimmu Borgir weckt. Bei dem genialen
"Astro-Thetis-Cosmos" jedoch, wird man Zeuge einer Offenbarung in Form eines unbeschreiblich geilen Burzum-Riffs, wie es der Count
selbst nicht besser hätte erschaffen können.
Doch bleibt man selten bei langsamen oder schleppenden Rhythmen - auf dieser Scheibe wird ebenso geschrammelt -
angriffslustig und bösartig. Etwas sehr Provokantes hat dieses Album, was einen besonders eigenen Reiz versprüht,
denn in seiner Individualität wirkt "Skotos Aenaon" vollkommen alleinstehend - als ob nirgendwo sonst auf dem
Erdball irgendwann Black Metal gespielt wurde - so scheint dieses Werk zuweilen. Allein der Fakt, dass bei "In
Honor Of The Wolf" ein Riff verwendet wurde, welches vor schunkelbarem Kulturbewusstsein nur so strotzt, lässt
erkennen, dass Naer Mataron vor Ideen überlaufen, wovon man sich eigentlich auf der ganzen Platte überzeugen
kann. Originelles, jedoch ebenso ursprünglich-reines Songwriting beweisen uns die Griechen mit diesem Machwerk.
Die fiesen Vocals, welche zuweilen an Abbath von Immortal erinnern, wurden mit Hallklang versehen, was eine
gewisse Majestätik unterstreicht und die bombastische Atmosphäre verstärkt. Alles wird jedoch getragen, von den
siegessicheren Gitarren, welche Melodien herauskreischen, die sowohl hasserfüllt, als auch auf erwähnte,
provokante Weise motivierend sind.
Doch in den Klampfen steckt auch ein gewisser Nachteil: Der Sound ist für ein Eisen dieser Machart absolut
spitze, da man jedes Instrument wunderbar vernehmen kann und somit die Möglichkeit besitzt, das ganze Album bis
ins kleinste Detail auseinanderzunehmen. Doch konzentriert man seine Lauscher auf die Saitenfraktion, wird's dem
Produktionsfetischisten Angst und Bange. Die Gitarren sind zwar nicht schlecht abgemischt, klingen allerdings oft
sehr jaulend und schief, was zum Beispiel bei Eröffnungsriffs doch sehr störend wirken kann. Ich will's jedoch
bei diesem Manko belassen, denn musikalisch ist "Skotos Aenaon" wirklich top. Ödheit lässt sich hier nicht im
Atom ausmachen, da durch rare Keyboardeinwürfe oder Sprechgesänge Abwechslung garantiert wird.
Nun muss ich nur noch erwähnen, dass ich auf diesem Album endlich das gefunden habe, was ich lange Zeit rege
suchte: das Gefühl von purem, urigem, jedoch ebenso frischem Schwarzstahl ohne viel Gehabe, ohne Schnickschnack,
ohne Trendhackerei. Schlicht und ergreifend reiner Black Metal!
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