MASSEMORD (Norway)

Skogen Kaller (CD 2003)


In Skandinavien macht man sich immer deutlicher dazu auf, den schwarzstählernen Wind vermehrt aus der traditionsbewussten Ecke wehen zu lassen, also keine bestimmte Stilistik innerhalb des Black Metals anzustreben, sei es beispielsweise in Verbindung mit Folk, moderner Symphonik oder auch dem Göteborg. Und dementsprechend positiv ist es zu wissen, dass auch gerade in Norwegen wieder öfter Althergebrachtes Vorrang hat und den reinherzigen BM-Hörer zu entzücken versucht. Ebenso die vielversprechend benannten Massemord aus eben Schwedens Nachbarstaat wandeln, Interesse verbreitend, auf ähnlichen Pfaden. Zumindest ist das der erste Eindruck, den man bekommt, sobald "Skogen Kaller" anfängt zu rotieren. 
Doch beweist dieser silberne Frisbee nach wenigen Augenblicken bereits, dass er sich nicht vollständig in das ursprüngliche, meist schrammelige Lager einordnen lässt. So vernimmt man doch alsbald Keyboards, welche der Aufgabe zuteil werden, die musikalische Atmosphäre zu verdichten. In einen kratzigen Soundmantel gehüllt, offenbart sich einem demzufolge ein weniger als innovatives BM-Menü, das man in dieser Form eigentlich schon etliche Male gekostet hat. Doch warum sich immer auf Originalität berufen, wenn man im Grunde weiß, dass diese mit jedem neuen Release auf dem Black Metal-Markt einem Hungertod nahesteht? Dummerweise haben Massemord aber auch kompositorisch nicht sättigend genug den Löffel geschwungen, was zur Folge hat, dass dieses Debut meistens nur Durchschnittsstoff zu bieten hat. Zwar klingt dieses prinzipiell standardisierte Muster in Kombination mit einer wirklich aggressiven Produktion sehr schmackhaft, nach durchdringend mitreißenden Momenten sucht man jedoch verhältnismäßig lange. Die abwechslungsreichen Tempi-Arrangements erzeugen ein gewisses Maß an Spannung, haben aber oft nur Kraftlosigkeit und darauf folgende Langeweile zum Resultat. Und wie auch bei vielen anderen Kollegen in der Szene, können Massemord ihre Stärken am besten unter Beweis stellen, wenn sie die Sticks mal richtig kreisen lassen, wie zum Beispiel bei "Solen Skinner Ikkje" oder "Soul Deceiver", dann nämlich zeigt sich auch das zweifelsfrei vorhandene Potential der Norweger, richtig geile Melodien mit Hilfe des Zusammenspiels von Saiten- und Tastenfraktion kreieren zu können. 
Leider werden jene schnelleren Passagen meist von Midtempo-lastigen Einschüben abgelöst, was nicht nur musikalisch unklug angelegt ist, sondern ebenso einen atmosphärischen Bruch beschert. Dabei verraten unter anderem soeben erwähnte Stücke einen unübersehbaren Hitcharakter, was an den eingängigen Anlegungen von Riffs und Begleitung liegt, ohne jedoch in Charts-ähnliche Sphären abzudriften. Glücklicherweise tritt man auf "Skogen Kaller" dennoch die Tube meist einmal mehr durch, was wenigstens einen deutlichen Aggressivitäts-Bonus hinterherschiebt. Komischerweise wurde jedoch auch dieserorts des öfteren auf klassische Gitarrenleads, wie man sie wohl eher aus dem Heavy Metal kennt, zurückgegriffen, was den fiesen Charakter der Scheibe stellenweise geschickt zu verschleiern weiß; nicht gut. 
Eigentlich bedauernswert, dass es dennoch ein solch unignorierbares Gewicht an Fehlern zu schleppen gilt, hat man sich doch durch wirklich geile Gesangs-darbietungen, ausgeglichenem Keyboard- und Gitarrenspiel und der fast immer erreichten Umsegelung von Kitsch und Dudelei ein festes Grundgerüst aufgebaut, aus dem man wesentlich mehr hätte herausholen können. Und je öfter ich mir die oben angesprochenen richtig guten Momente wiederholt anhöre, desto besser gefallen sie mir, weil hier auch eindeutig Dramatik, Düsternis und Hass zu spüren sind - und das sogar auf recht individuelle Art, denn ein Hauch von befremdlicher Endzeitromantik schwingt in den Songs mit. Wenn wir letztendlich davon ausgehen, Massemord reihen sich nicht in die Armee der Eintagsfliegen ein, können wir also nur hoffen, dass sie sich für's nächste Album ihre musikalischen Konstruktionen einmal öfter durch den Kopf gehen lassen und somit vielleicht Fehltritte, die sie auf "Skogen Kaller" noch getätigt haben, zukünftig vermeiden. Erfreulich wär's.

6,5/10

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sic
09.04.2004