LICHT- UND SCHATTENSAITEN

Herbstwärts (CD 2004)


Manchmal frage ich mich allen Ernstes, woher der eine oder andere Typus Mensch die Vorstellung nimmt, in einen Black Metal-Index zu passen. Neuestes Beispiel für eine Überlegung meinerseits ist das wohl schlechteste Wortspiel dieses Jahres: Licht- und Schattensaiten. Mit "Herbstwärts" legt der Geist hinter diesem Projekt, namentlich Stefan Johannes, sein neustes Album vor. 
Und wo soll man da jetzt anfangen? Mit Black Metal hat das Ganze jedenfalls erstmal so gut wie nichts zu tun. "Herbstwärts" enthält nervenzehrendes Gefrickel und Gefinger, allen möglichen musikalischen Stilistiken entlehnt und dilettantisch zusammen gezimmert. Unkoordiniert rumpelt das Drum, rockig oder aber auch lahm schrubbend zeigt sich das Saitenwerk, dazu gibt's Keyboarduntermalung oder streich-/blasinstrumentales Hirntrauma (Trompeten, Posaunen, etc.) und völlig unqualifizierten Gesang, der von Grunz bis Krächz variiert. Geradezu aufdringlich präsentiert sich das Bassspiel und verleiht dem Komplex zuzüglich einen Touch von schlecht abgemischt. Vielleicht wäre "Herbstwärts" kein akuter Griff ins Klo, wenn man nicht auf Teufel komm raus versucht hätte, technisch versiert und hyperoriginell zu klingen. Das lyrisch darliegende, völlig lächerliche Dornenreich-Pathos fällt da kaum noch auf. Schwarzmetallische Ansätze lassen sich somit nur ausmachen, wenn der Meister etwas in die Volleren geht und das Tempo anzieht. Ein Garant für Qualität ist das dennoch keineswegs. Er schaffte es nicht mal, ein paar nette Melodien auf diese Scheibe zu pressen, das ist beachtlich. Es wird vielspurig und vollkommen unkontinuierlich rumgeklimpert und gedudelt und jeder Hauch von nettem Riff oder atmosphärischer Sequenz im Keim erstickt. Schmonzettige Cleangesänge, Hooks und Key-Teppiche wie beim Titeltrack, beinahe Ska-ähnliche Arrangements in beispielsweise "Weite Ebenen" oder dreister Klau bei Opeth ("Damnation") in "Sonnenuntergang" wirken dementsprechend auch nicht abwechslungsreich, sondern schlicht misslungen - wie der Rest eben auch. 
Ein Glück, dass Herr Johannes sein Zeug nicht über Labels verprassen will, sondern alles in Eigenfertigung angeht. "Denn es sollte nicht vom Geld abhängen, ob sich jemand Kunst leisten kann oder nicht!" meint er in der Info. Nett, oder? Drücken wir ihm die Daumen, dass sich irgendjemand diese "Kunst" überhaupt leisten können will.

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sic
06.11.2004


Redaktionsbewertung:
azaghal 1,5 Argathon -
Laeknishendr 1 Johannes -
Erik 1 psephos -
sic 0 Amicus 0
IT -
Gesamtdurchschnitt: 0,7