KALM / ASSAMALLA

Igaveseks Mälestama Moistetud - Split (2000)


Eine Split-Scheibe der besonderen Art liegt hier vor: Nicht nur, dass die beiden darauf musizierenden Kapellen aus einem für Black Metaller eher unbekannten Land namens Estland stammen, sie mischen zudem einige Musikrichtungen miteinander, welche "Black Ambient Metal" mit teils eingestreuten Industrial-Einlagen ergeben. Ob es ihnen gelingt, die verwöhnten Ohren eines BMlers mit solch ungewöhnlichen Mitteln zum Staunen zu bringen, bekommt ihr im späteren Verlauf zu lesen. Doch zunächst befasst sich der Rezensent mit der Aufmachung dieser Zusammenlegung zweier Truppen: Das schwarz-weiß-gehaltene Booklet kommt mit Bandfotos, den schwierig zu lesenden Texten (hätte nicht gedacht, dass Estisch so viele optische Ähnlichkeiten mit der Sprache der Finnen teilt), Informationen zur Produktion, sowie den üblichen Grüßen an die besten Freunde, Verwandte et cetera; den ersten positiven Eindruck haben sie also schon bei mir hinterlassen können.
Mit selbigem wird nun der Silberling in die Anlage geschoben, wobei die ersten Sekunden von Kalm's erstem Beitrag eher verwundern: Süßliche Synthie-Spielereien, die mit Keyboard-Geklimper eine Symbiose eingehen, passen nicht so recht zu meinem vorschnellen guten Eindruck, obwohl diese mich nicht verbittert zusammenzucken lassen. Zum Glück währt dieser Zustand nicht lange, da man nach circa einer halben Minute weiß, warum die beiden Esten-Bomber hier im Index vertreten sind: Raue Gitarren, keifende Vocals, ein -Wotan sei Dank- variierender Drum-Computer, der dem Trommelfell nicht weh tut. Dieser Trend setzt sich auch bei Assamalla fort: rockende Akkorde, ein klein wenig nervendes Stimmorgan, sowie ein stets vorhandener Elektropianoteppich, der sich aktiv am Geschehen beteiligt, ohne jedoch zu nerven. Wie das funktioniert? Die Atmosphäre bzw. der Songaufbau ermöglichen es dem Stromklavier, diese bei vielen weitaus berühmteren Bands nicht funktionierende Zusammensetzung hörenswert zu gestalten, sprich die Chemie zwischen den einzelnen Mitgliedern stimmt. 
Meistens um die sechs Minuten lang strotzen sowohl die Lieder von Kalm, als auch die von Assamalla vor Abwechslung: Auf schnelle Stakkato-Attacken folgen entweder Midtempo-Einschübe, gemächliche Bridges oder doomige Industrial-Parts, welche nur sehr kurz währen und meistens von mittelschnellen Passagen abgelöst werden. Manchmal überraschen die Esten mit wirklich Unerwartetem: Eine Melodie, die auf jedem x-beliebigen Nu-Metal-Album gespielt werden könnte oder kurzzeitige Kreischanfälle eines Dani Filth, die indes bei weitem erträglicher aus den Kopfhörern lärmen, finden auf Kalm's "Ärgates Unenäost" ihren durchaus berechtigten Platz. Erzählungen eines alten Mannes, ein schier nicht enden wollendes Gitarrensolo, sowie Synthesizer-Tonfolgen ergeben auf Assamalla's längstem Beitrag mit dem (Un-)Namen "...Kes Lahkunud Üksteise Südameist" eine genial klingende Hymne. Weitere klassenlose Beispiele zu nennen würde den Rahmen eines normalen Reviews bei weitem sprengen. Am Ende sitzt der Rezensent mit einer aufgeklappten Kinnlade da und fragt sich, ob das wirklich schon aller Tage Abend war. 
Um noch kurz ein paar Worte zur Produktion zu verlieren: Bombiger geht's nimmer mehr. Zwar fällt die Qualität des Elektroklampfensounds bei sämtlichen Kalm-Beiträgen ab, das allgemeine Klangbild allerdings schadet beziehungsweise nimmt den Kompositionen keineswegs ihre vorhandene Kraft weg. 
Fazit: Einer der wenigen Gemeinschaftstonträger, die beweisen, dass auch in kleinen Ländern große Acts ihre ausgezeichnete Arbeit verrichten. Für solch eine Ideenvielfalt schicke ich acht fette Zähler ins Baltikum!

8/10

Official Website: Kalm
Official Website: Assamalla
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Amicus
11.06.2004