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Ein gutes Rezept basiert auf der sorgfältigen Auswahl der Ingredienzien und bisweilen machen sich diesbezüglich
gewisse Vorlieben bemerkbar. Bei Hagal, einer Formation aus Hamburg, welche sich dem melodischen Black/Pagan
Metal mit Hang zur nordischen Mythologie verschrieben hat, sind die Präferenzen eindeutig verteilt: Das
Hauptaugenmerk liegt zunächst auf dem durchdachten und sehr gut arrangierten Werken der Gitarren, die sowohl in
den treibenden, als auch in den getragenen Passagen zu überzeugen wissen und man in puncto Detailverliebtheit
den Vergleich zu Bands wie Nagelfar, Mithotyn, Enslaved etc. nicht zu scheuen braucht. Zum Glück bewahrt die Band
hier genügend Profil und weiß sich durch den vermehrten Einsatz der Akustik-Klampfe von der Masse abzuheben. Diesem
Instrument wird dann auch ein besonderer Stellenwert zuteil: Zum einen eignet es sich durchaus, um in kurzen
Zwischenstücken eine Verbindung zu den Liedern mit voller Instrumentalisierung zu schaffen - und zwar ohne das
Bedürfnis des Hörers zu wecken, die Skip-Taste zu betätigen. Auf der anderen Seite finden sich aber auch zwei
Stücke, welche ausschließlich von Akustikgitarre und klarem Gesang (hierzu später mehr) getragen werden; bei
"Die Weltenesche" schleichen sich zudem sachte Trommelschläge und eine Maultrommel ein.
Aufgrund der ausgeprägten Melodik ist die Grundstimmung des Albums zunächst eher als feierlich entrückt zu
bezeichnen, doch noch wurden ja nicht alle Komponenten unter die Lupe genommen. Fahren wir der Vollständigkeit
halber mit dem Schlagzeugspiel fort, zu dem sich sagen lässt, dass dieses in Bezug auf die Geschwindigkeit mit
dem nötigen Maß an Variation versehen wurde, wobei man nach langsamen bis mittelschnellen Abschnitten gerne
wieder in Raserei verfällt. Die Abmischung ist druckvoll, dennoch leicht hintergründig und bietet den Gitarren
genügend Spielraum. Letzterer wurde auch für die vokalische Untermalung eingeräumt, welche fast ebenso
facettenreich ausfällt, wie das zuvor Genannte. Hier dürfte als Erstes der relativ hohe, markante Schreigesang
polarisieren, Besitzer älterer "Legacy"-Ausgaben werden sich eventuell daran erinnern. Allen Nichtkennern lege
ich diesbezüglich zunächst eine kurze Hörprobe ans Herz, Geschmäcker sind eben verschieden. Dabei verleihen die
Schreie dem Werk eine besondere Note, vor allem, wenn sie in heiseres Krächzen übergehen oder im Wechsel zu eher
dunkel-verzerrten oder halb gesprochenen Passagen stehen. Beim Sprechgesang spiegelt sich dann jene Zerissenheit
wider, mit der auch Nagelfar (z.B. auf Srontgorrth) gerne gearbeitet haben. Parallel dazu wirken die
Gitarrenmelodien an diesen Stellen teilweise bedrohlicher, um den Effekt zu intensivieren.
Nach so vielen Worten des Lobs folgt nun ein kleiner Wermutstropfen: Der anfangs kurz erwähnte klare Gesang
vermag zumindest mich über bestimmte Strecken nicht zu überzeugen. Hiervon ausklammern sollte man die beiden
Akustik-Stücke, auch wenn dort bereits ein gewisses Maß an Pathos in den Stimmen mitschwingt. Darüber hinaus
finden sich in den anderen Liedern immer wieder eingestreute unverzerrte Passagen die zwar nicht grundsätzlich
fehl am Platze sind, aber oftmals noch zu aufgesetzt klingen. Dies schmälert den Hörgenuss jedoch nur unerheblich
und da im Bereich des Black Metal wohl die wenigsten über eine klassische Gesangsausbildung verfügen, lohnt es
nicht, auf diese Thematik noch weiter einzugehen.
Was bleibt, ist das gelungene Zweitwerk einer Formation, die man auch zukünftig im Auge behalten sollte, da hier
sicherlich noch nicht alle kreativen Ressourcen ausgeschöpft wurden. Besonders positiv ist hervorzuheben, dass
es sich um eine Eigenproduktion mit gepresster CD und aufwendig gestaltetem Booklet handelt, sicherlich ein
Indiz dafür, mit welchem Enthusiasmus die Band hinter ihrem Schaffen steht. Aber letzten Endes ist es ja die
Musik, die zählt. |
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