FORGOTTEN TOMB

Songs To Leave (Re-Release 2005)


Kaum drei Jahre nach Erscheinen die Wiederveröffentlichung, inklusive Bonusmaterial versteht sich. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Doch ich will mir die Predigt für später aufheben und erstmal untersuchen, was genau hier als Wiedergänger daherkommt. Im Jahre 2005 bedarf Herr Morbid mit seinem Geschöpf Forgotten Tomb sicher keiner Vorstellung mehr, stürzen wir uns also ohne weitere Verzögerung auf "Songs To Leave", das Debütalbum der Italiener.
"Entombed By Winter" heißt der Auftakt und verstört den Rezensenten sofort mit überdeutlichen Anleihen bei Dolorians "When All The Laughter Has Gone". Diese treten zwar schnell zugunsten einer allgemeinen Katatonia-Ausrichtung in den Hintergrund, stimmen aber gleich zu Beginn prinzipiell kritisch. Taktisch unklug, würde ich mal sagen. Insgesamt lassen es FT genau wie die schwedischen Könige der stimmungsvollen Dunkelheit eher gemächlich angehen. Und die wenigen schnelleren Momente machen deutlich, dass dies eine weise Entscheidung ist. Wenn das Tempo angezogen wird, geht nämlich viel Atmosphäre verloren, ohne durch irgendetwas ersetzt zu werden. Am besten ist "STL", wenn man sich ganz dem tiefschwarzen Doom widmet und Klanglandschaften voller Hoffnungslosigkeit entstehen. "Am besten" heißt jedoch noch nicht unbedingt durchgehend "gut" und so gibt es auch hier Dinge, die mir noch nicht gefallen. Zu nennen wäre da vor allem die unmotivierte Überlänge der Stücke. Rifftechnisch werden gerne auch zweite Sieger auf die Ehrenrunde geschickt, was eher Ermüdung anstatt Depressionen beim Hörer auslöst. Die epischen Stücke durch melancholisch singende Leadgitarren interessanter zu gestalten (etwa bei "Disheartenment") ist eine gute, wenn auch nicht unbedingt neue Idee. Doch leider ist dieses Stilmittel mehr Oberfläche als Inhalt, wirkliche Schwermut will ob der wenig genialen Melodien nicht aufkommen. Erst beim fast 15minütigen Bonusstück "Desolated Funeral" läuft Herr Morbid zu Höchstform auf und zeigt, was FT wirklich zu bieten haben. Was "Songs To Leave" an Möglichkeiten andeutet, kommt hier - endlich! - zur Entfaltung.
Damit ist die Neuauflage dem Original weit überlegen - und genau hier fängt das Problem an. Macht es für die Besitzer des 2002er Albums Sinn, für ein einziges Lied (auch wenn es 15 Minuten lang ist) den Preis eines kompletten Albums zu bezahlen? Ist eine derartige Veröffentlichungspolitik prinzipiell unterstützenswert? Ich finde nicht: Was 1995 bei Nuclear Blast scheiße war, riecht auch im Jahre 2005 noch streng. Eine plausible Entschuldigung für derlei ist mir bisher nicht untergekommen, deshalb kann ich auch niemandem empfehlen, derlei Gebaren zu finanzieren.

5/10

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Erik
09.05.2005