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Lasst euch mitnehmen auf eine Reise, eine Reise, in der die Welt noch jung war, eine Reise, die euch die
Wichtigkeit dieser einstigen Jugend aufzeigen wird, ihre Wichtigkeit und absolute Einzigartigkeit. Lasst euch
entführen in eine Welt, die war und so nie wieder sein wird, in der Prinzipien galten, die heuer in bald
unsichtbare Ferne gerückt sind, eine Welt, in der die Menschen noch wussten, mit neuartiger, schockierender, roher
Gewalt einander zu verzaubern...
Anno 1994 veröffentlichten Enslaved ihr zweites Langeisen "Frost" und somit ein völlig eigenes, noch nie
dagewesenes Klanguniversum. Unbeschreibliche Oppositionen bauen sich in diesem Werk auf. Sphärisch, ja beinahe
einlullend beginnt jene Göttergabe dem Hörer ins Ohr zu säuseln, ihn langsam und geheimnissvoll einzuspinnen in
ein Netz aus Ruhe und Harmonie - bis aus dem Dunkel ein ansteigender Schall zu vernehmen ist. Lauter und lauter
werdend hat er bald seinen flackernden Schatten über anfängliche Contenance geworfen und leitet somit eine
bedrohlich düstere Klangwelle ein, welche an ihrem höchsten Punkt die unfassbare Eruption purster Aggressivität
und Brutalität freigibt. Was darauf folgt ist eine Hetzjagd durch eisigste Sturmböen, eine Schlacht angetrieben
durch verbittertste Wut, ein Emporschreien zum Himmel, welcher hören soll, dass die Welt kurz vor dem Untergang
steht. Der hier erlebte Spannungsaufbau ist schlicht und einfach der reinste Wahnwitz. Kein anderes Album
jeglicher Machart kann ein solch perfekt arrangiertes Schema vorweisen, das Intro und den darauf folgenden Song
auf diese Weise verknüpft und somit zu einer Einführung avancieren lässt, die ihres gleichen sucht. Allein dieses
Szenario, also die ersten zwei Stücke, würden eine Anschaffung "Frost's" bedingungslos rechtfertigen. Doch die
Urgewalt Enslaved gibt noch lange nicht Ruhe. Durch 7 weitere Unbeschreiblichkeiten wird man gejagt, einem
Inferno gleich. Kaltblütig und fies erfährt der Hörer die wahre Präsenz fantastischster Gegensätze. Eisig und
warm, brutal und melodisch, harmonisch und zerreißend, sägend und streichelnd - "Frost" ist alles! Man kann sich
jedes verfügbare Einzelwerk herausnehmen, ob nun das verspielte "Fenris", das mit wundervollem Chorgesang
angelegte Folkstück "Yggdrasil", das aggressiv-melancholische "Jotunblod" oder die gewalttätige Prügelorgie
"Wotan" - alles entspricht erschreckender Makellosigkeit, technisch irrsinnig präzise und auf
erschütternd dramatische Weise dargeboten. Packende Gitarrenläufe, majestätische Orgeluntermalungen, filigranes Drumming,
be- ruhigende Akustikpassagen und eine Atmosphäre, die im Albumtitel seine ideale Beschreibung findet, werden hier
auf die Spitze getrieben und ergeben ein wundervolles Opus geprägt von überwältigenden Emotionen. I-Tüpfelchen
dieses Kunstwerks ist der ungemein kratzige, sägende Sound, der wirklich jeden Ton eines Instruments, jeden
gekrächzten, geschrienen oder gesungenen Buchstaben der vorgetragenen Vocals in die optimale Position bringt und
so einen Klang erzeugt, der ebenso wie die Musik ein unangefochtenes Unikat ist.
Kurz: "Frost" ist schlicht und einfach perfekt. Wer dieses unvergleichliche Viking Metal-Album nicht kennt,
gehört eingebuchtet und gevierteilt, Punkt!
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