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Endlich ist es soweit... "Jedem das Seine", so sagt man. Gerade in Anbetracht des persönlichen Geschmacks und
der individuellen Auswirkung besitzt jedermann, der sich mit Black Metal intensiviert auseinandersetzt, seine
völlig eigenen Vorlieben, die ihm niemand abstreiten kann. Doch musikalische Toleranz hin oder her, ich möchte
endlich das reviewen, was mich so stark und prägend beeinflusst hat, wie kaum etwas anderes. Erwähntermaßen
wäre das natürlich "For All Tid", welches neben dem Nachfolger "Stormblåst" seit jeher ungebrochenen
Spitzenstatus einnimmt. Um so schlimmer und bedauerlicher ist es, als Bewunderer dieses Werkes mit ansehen zu
müssen, wie sich einstige Helden immer bewusster in die Kommerzialität fallen lassen, aber wühlen wir
solcherlei Belanglosigkeit nicht zum hundertsten Male auf...
Eingeleitet durch das, was dieses Album letztendlich ausmacht, ergo einzigartige Melodieführung, wirken
anbahnende Klänge wie ein Gemach, das für den Hörer bereitet wurde - versehen mit Stacheln und Dornen,
gezeichnet von melancholischem Stolz und träumerischer Giftigkeit. Mit brüllender Aggressivität darf hier
niemand rechnen, "For All Tid" ist Zorn und Ruhe in einem Stück - soetwas wie die harmonische Ausdrucksform
von Hass, was der Direktheit dieses Gefühls eigentlich widersprechen müsste. Black Metal ist eben nicht nur
spürbare Wut und ausgerichtete Cholerik. Denn aggressionsfrei ist dieses Debut zweifelsohne nicht. Allein,
dass es schnellere Passagen gibt, welche die vorherrschende, sicherlich vor allem gediegene Atmosphäre, die
sich so mancher sicher erst interpretierbar machen muss, ehe sich ihre Genialität entfalten kann, passend
durchkreuzen, Brutalität drückt sich in Wirkung des Ganzen aus, was den Hass und die Verzweiflung auf Basis
von Besinnung und Introvertiertheit entstehen lässt. Man findet wirklich alles, was irgendwo in Verbindung mit
Dingen wie Nachdenklichkeit oder schlichter Melancholie den Geist befleckt, seien es die Riffs, das sicherlich
markierende Keyboard-Spiel oder die ursprünglich dargebotenen Krächz-Gesänge.
Aber würde die sauberste Instrumentierung ohne das sitzende
Kompositions-vermögen immer noch Genialität
versprühen? Und an dieser Stelle rumpelt es gewaltig, weil Dimmu Borgir in dieszeitiger Besetzung einfach
unangefochten geil Musik schreiben konnten. Die hörbare Expression reicht auf "For All Tid" von reinster
Depression über verträumt-unendliches Weltall-Feeling bis hin zu innerlich wütender Angriffslust, die sich in
Sägereien letztendlich auslebt. Instrumental wird dementsprechend jedwede Option ausgeschöpft, angestrebte
Emotionalität zu erreichen, sei es durch Piano-Parts, Streicher oder eben erwähnten, galaxialen Klängen.
Erschaffen hat man jedes mal auf's Neue ein für sich stehendes, individuelles Stück Musik, welches zwar
jeweils eine ganz persönliche Ausdrucksform besitzt, die Album-interne, grundgelegte Atmosphäre
glücklicherweise jedoch nicht zu brechen vermag.
Doch was wäre dieses Monument ohne seine Feinheiten? Ich habe in vorhergehenden Reviews (zum Beispiel "Born
Of The Flickering" oder "Seen Through The Veils Of Darkness (The Second Spell)") nicht nur deren eigene Stärke besprochen, sondern bin besonders auf Klang und Spielweise der Instrumente eingegangen. Hier liegt der
Ursprung... "For All Tid" ist produktionsspezifisch das Fundament, auf welches nicht nur Dimmu Borgir bei
"Stormblåst" aufbauten und welches fast einen BM-internen Trend verursacht hätte, sondern ein perfektes Gefüge,
wie es heutzutage utopisch ist. Diese ganz besondere Kunst, Instrumenten jene fast sanften Schläge beizufügen,
wird ein Privileg der frühen 90er sein und bleiben. Faszination ja oder nein, für dieses spezielle Genre des
schwarzen Metalls ist dieses Album nunmal grundsteinlegend und im Interesse derer, welche nach der einzigen
wahren Emotion norwegisch-metallischer Manifestation forschen, sowieso essentiell.
Ich weiß, dass es mittlerweile merklich wenige Personen gibt, die sich heuer mit dieser Scheibe, ob nun
bewusst oder nicht, noch identifizieren können, aber eins ist dem Romantic Black Metal-Gebiet gewiss... Und
hier sei's die Tatsache, dass Dimmu Borgir's "For All Tid" nicht einfach und somit schlicht genial ist,
sondern wegweisend für ein Genre war, das von kürzester Blüte, über nervend-unlogische Fast-Kopie, bis hin zu
grauenhaftem, ja peinlichem Ausverkauf, verursacht durch völlig falsche Interpretation, jenes Lebensgefühl
"Black Metal", das auch in melancholisch-romantischen Gefühlsebenen Fuß fassen konnte und kann, zu
'vergesellschaftlichen' wusste. |
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