BURZUM

Filosofem (1996)


Man kann zu Varg Vikernes stehen wie man will, betrachtet man seine Musik jenseits aller fragwürdigen Ideologien als das was es ist, nämlich als Kunstwerk, dann muss man diesem Mann einfach ein großes Kompliment machen.
Es ist beeindruckend, wie Gefühle vom Ausmaße grenzenloser Einsamkeit, Trauer und Kälte durch einfachste musikalische Mittel umgesetzt werden können. Und zwar so intensiv umgesetzt werden können, dass es dem Hörer einen regelrechten Schauer über den Rücken jagt.
Alleine schon der Opener "Dunkelheit" ist durch seine musikalische Struktur ein Stück real vertonter Dunkelheit. Man meint förmlich zu spüren, wie sich ein dichter Schleier um die Erde legt und das Dunkel die Stelle des Lichtes einnimmt.
Die beiden folgenden Stücke sind Brückenschläge zu früheren Veröffentlichungen Burzums. "Jesus' Tod" kommt in gewohnt rauer und rumpeliger Art aus den Boxen, das Gefühl, ein Werk einer wenig engagierten Garagencombo zu hören, ist jedoch nur oberflächlich. Im Gegenteil, der rohe, ungehobelte Sound verleiht der Musik etwas sehr "hässliches". Und diese beabsichtigte Hässlichkeit ist gleichzeitig die wahre Schönheit der Musik. Es ist schwer, das in Worte zu fassen, es trifft einmal mehr die Behauptung zu, dass man Black Metal "fühlen" und nicht einfach nur "hören" muss. 
Doch wo beginnt Black Metal und wo hört er auf? Varg Vikernes sprengt mit seinem Opus die bekannten Grenzen des engen BM-Korsetts und begeht neue, bereits gegen Ende auf "Hvit Lyset Tar Oss" eingeschlagene Pfade. 
Die erste halbe Stunde des fast 65 Minuten Werkes bietet trotz einiger Neuerungen (verzerrter Gesang, Glockenspiel(?)-Einlagen) doch gewohnte Burzum-Kost, die ohne großes Drumherum direkt auf den Punkt kommt. Manch einem mag dies zu eintönig sein, da man auch nach mehreren Minuten vergebens auf irgendwelche Breaks oder Soli wartet. Aber solcherlei Beilagen würden den Stücken auch ein gutes Stück ihrer Atmosphäre nehmen. Ab dem vierten Song ("Gebrechlichkeit I") wendet sich Vikernes jedoch vom BM-Geknüppel ab und tastet sich an den keyboard-lastigen zweiten Teil des Albums heran. Das fast halbstündige "Rundgang um die transzendentale Säule der Singularität", das für den Soundtrack des Films "Gummo" vom "KIDS" - Regisseur Larry Clark ausgewählt wurde, nimmt den Hörer trotz, oder gerade weil, seiner absoluten Monotonie gefangen. 
Nach dem gigantischen Rundgang um die Säule, den man wie hypnotisiert und bezaubert von dem sich bietenden Anblick gar nicht beenden möchte, führt uns das passende "Gebrechlichkeit II" langsam wieder aus der Welt der Kälte, Einsamkeit und Sehnsucht heraus. Um uns in eine Welt zu entlassen, die uns ungleich grausamer erscheint als noch vor gut einer Stunde...

9,5/10

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SeeLeNMoRd
25.01.2002