|
Es war einmal...
So oder so ähnlich könnten diese Betrachtungen zu "Ashcloud" beginnen. Ein
Anflug von Nostalgie lässt sich nämlich kaum vermeiden, wenn man eine Schwäche für klassisch-melodischen schwedischen BM hat. Und das liegt sowohl an der
groben musikalischen Ausrichtung als auch an der Abwesenheit allzu plakativer
Selbstdarstellung: Ach, waren das noch Zeiten, als es keiner halbnackten
Kinder bedurfte, um etwas Aufmerksamkeit zu erregen...
Doch die Konzentration oder gar Beschränkung auf das Nostalgische wäre im
Falle von Blot Mine irreführend und zu kurz gegriffen, würde weder Band noch Album
gerecht. Denn auch wenn die Musik in einem Subgenre wurzelt, das es heute
zumindest als Subgenre nicht mehr wirklich gibt, so ist dessen Interpretation
auf "Ashcloud" keinesfalls überholt. Im Gegenteil: für meinen Geschmack
lassen Blot Mine so ziemlich die gesamte NWOSRBM reichlich alt aussehen. Und das
ganz ohne Gimmicks und stilistische Absonderlichkeiten, nur dank kompositorischer
Klasse. Wenn ich das Album auf der verwinkelten, unübersichtlichen BM-Landkarte
einordnen sollte, so würde ich es in der Nähe von "Nord" sehen, allerdings
ohne dessen Emperor-Anleihen. Und weniger langatmig; Blot Mine gehen kompakter zu
Werke, die Stücke sind direkter, zielstrebiger, tödlicher. Wenn man es genau
betrachtet, dann verbindet "Ashcloud" und das Setherial-Debüt vor allem die
Gitarrenarbeit mit den typischen kreischend-melodischen Riffs. Aber das ist
ja kein Wunder, schließlich besteht Blot Mine fast vollständig aus der
Besetzung des Setherial-Demos, die natürlich auch das erste Album der später deutlich
verflachten Truppe nicht unwesentlich prägte.
Für Freunde schwedischen Svartmetalls ist "Ashcloud" die Erfüllung wenn
nicht aller, so doch sehr vieler feuchter Träume. Nach dem milde enttäuschenden
ersten Versuch namens "Porphyrogenesis" hält dieser zweite Streich nun endlich,
was das geniale Demo im Jahre 1996 versprochen hat. Eine der besten (nicht
langweiligsten) Abyss-Produktionen aller Zeiten sorgt dafür, dass das Schaffen
der Gruppe im vollsten Glanze erstrahlen kann. Und was gibt es da nicht alles
zu bewundern! Diese vernichtende Präzision, diese explosiven Arrangements,
dieses überragende Gespür für das richtige Break zur richtigen Zeit, dieses
perfekte Rhythmusgefühl, dessen Mangel ca. 90% aller anderen Bands so hörbar
zu schaffen macht. Allein der unaufhaltsame Beginn von "Where Space And Time
Collide" ist Gold wert und beweist, dass Geschwindigkeit nicht alles ist; es
bedarf auch der entsprechenden Masse, um Wirkung zu erzielen. Herzstück des
Albums sind aber seine fantastischen Melodien in ihrer kitschfreien und vor
allem abnutzungsresistenten Eingängigkeit. Im gesamten Spektrum von der
elegisch-getragenen Stimmung des Rausschmeißers "Bolted Down (And Dying)"
bis hin zur meisterhaft-frostigen Raserei von beispielsweise "Luminous
Bodies" verstehen es Blot Mine, ihre Musik mit Widerhaken zu versehen, die den Hörer
auf Dauer in ihren Bann ziehen. Bei der ersten Begegnung mit "Ashcloud" mag
es dabei so scheinen, als ob vor allem die langsamen Stücke hervorstechen
würden. Sehr langlebig ist dieser Befund jedoch nicht, und schon nach wenigen
Durchläufen wird klar, dass wirklich jedes Stück des Albums eine Perle ist,
für die so mancher andere Musiker töten würde. |
|