|
Manchmal muss ich mich wohl unweigerlich davon überzeugen lassen, dass aus den
USA neben Antikultur,
Volksverdummung und Kriminalität auch noch positive Dinge nach Europa herüberschwappen können. Zwar haben
diese positiven Dinge auf das Weltgeschehen nicht solche Auswirkungen wie erwähnte Schweinereien, sind jedoch
in der Lage beim Einzelnen durchaus Glücksgefühle zu erwecken.
So auch die Amis von Agalloch, denn mit ihrem zweiten Full Length-Album "The Mantle" wurde ein wahres
Meisterstück des melodischen, melancholischen Black Metals geboren. Aber gleich vorweg: wer sich nicht aus
seinen traditionellen Geschmacksbahnen lenken lassen will oder kann, darf an dieser Stelle ruhigen Gewissens
mit dem Lesen aufhören. Denn der Black Metal-Anteil auf diesem Silberling ist doch recht karg gehalten. Dabei
regiert eine andere, allerdings ebenfalls vielgesichtige und schöne Musikgattung das Geschehen: Neo-Folk. Und
Agalloch haben es vollbracht, eine perfekte Kombination aus beidem entstehen zu lassen.
Dieses Album kommt einer Gedankenreise durch endlose, fremde Sphären gleich, in denen der Schmerz und das Leid,
das man empfindet, zehnfach auf einem lastet. Aber nicht, dass hier weinerlich und jammernd geschluchzt und
geseufzt wird, nein, Agalloch sind melancholisch, nicht depressiv! Die schwermütige Atmosphäre, die erzeugt
wird, ist immer wieder von aufmunternden Melodielinien unterbrochen, ohne dass diese 'lustig' wirken. Es werden
vielmehr Trauer und Freude gegenübergestellt und deshalb hat "The Mantle" trotz aller Melancholie eine positive
Aura. Bestes Beispiel für diese Art von Wechselspielen der Gefühle könnte "Odal" sein, wobei mit "The Lodge"
wieder die Traurigkeit genossen werden kann und man nur noch hinwegschweben möchte... Erzeugt werden diese
Stimmungen nicht durch unüberschaubare Keyboard-Begleitungen, sondern durch die allgegenwärtigen Akustikgitarren.
Und diese ergießen sich mit den schönsten Melodien über den gefangenen Hörer. Selbst bei den nordisch
angehauchten, sägenden Black Metal-Parts wird der Akustikklampfe selten das Recht auf die Führerposition
abgesprochen. Gesangestechnisch sieht's ähnlich aus, da die Texte meist clean vorgetragen werden und nur in
den schwarzmetallischen Momenten gekrächzt wird. Hier und da werden sogar 70th-orientierte Rock-Passagen
eingeschoben, die durch Progressivität aufleuchten, auch vernimmt das Ohr ein Akkordeon und das Traum-Feeling
wird durch solcherlei Zutaten noch verstärkt. Vielschichtigkeit wird bei Agalloch großgeschrieben. Persönlicher
Höhepunkt des Albums ist das triste, jedoch auch hoffnungsvolle "...And The Great Cold Death Of The Earth".
Soundtechnisch hat man ebenfalls gute Arbeit geleistet, wobei das Schlagwerk ruhig weiter im Vordergrund hätte
stehen können, aber ansonsten kann man jede Einzelheit gut heraushören und genießen.
Bleibt mir zum Schluss nur noch zu sagen, dass die Amis mit "The Mantle" eine mehr als gelungene Mixtur aus
Neo-Folk und Black Metal abgeliefert haben. Wer also neben Letzterem auch mal bei Death In June oder :Of The
Wand And The Moon: reinhört, wird von diesem Silberling begeistert sein! |
|