LUNAR AURORA - Zyklus
Der Morgen
Das Tor - es öffnet sich erneut.
Das Rad - es dreht sich immerzu.
Das Tor - es öffnet sich erneut.
Die Welt - sie dreht sich immerfort.
Wir wollen weiter
und sind vom letzten Traum noch so entrückt.
Er war vom reinen Odem
der tief reichenden Wurzeln so sehr durchwirkt.
Das Tor - es öffnet sich erneut.
Das Licht - es reißt uns hinfort.
Morgenlicht und Nebelklang,
Angstgeschrei und Werdegang.
Morgenlicht über Waldesruh,
so erwache auch Du.
Kehre zurück, tauche ein.
Sei zur Stelle und weine nicht.
Kehre zurück, tauche ein.
Verlasse den Äther und greine nicht.
Herbei! Herbei!
Ihr Schergen der Vernunft.
Zerteilt! Zerteilt!
Im Namen eurer Zunft.
Das Tor - es öffnet sich erneut.
Das Rad - es dreht sich immerzu.
Wir sind beseelt
und doch vom letzten Tod noch so entrückt.
Er wurde vom klammen Hauch
eines neuen Morgens zweifelhaft geweckt.
Die Halle der Wiederkehr
durchstreift der Meister der Sehnsucht.
Erbarmungslose Geister der Winde
raunen um die Wiegen der Erstgeborenen,
und unten im noch zwielichtigen Tal
der totgeborenen Wünsche,
zerteilt ein kleiner Flügelschlag
die Zeit in neue Stücke.
Kehre zurück, tauche ein.
Sei zur Stelle und weine nicht.
Kehre zurück, tauche ein.
Verlasse den Äther und greine nicht.
Denn alles krallt sich
in das ewige Gefüge,
wird arglos genährt
vom kalten Morgentau.
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Der Tag
Wirr, zerstreut, Gedankenflut,
erwacht in neuer Lebensglut,
zum Tor hinaus...
Hinfort aus blutiger Geburt,
rastlos nun von Ort zu Ort,
in die Welt hinaus...
Vorbei, an den Wächtern dieser Welt.
Vorbei, mit Zorn in diese Welt hinaus...
mit Feuer hinaus...
Fiebrig rasend alte Wut,
inmitten dumpfer Seelenbrut,
an jedem Ort.
Giftig, hasserfülltes Blut,
siedend in der Sonnenglut.
Lebenszeit ist Sterbenszeit!
Hinaus, im finst’ren Seelensturm,
entfesselt, um die Welt zu schleifen.
Hinaus, im finst’ren Seelensturm,
ins Verderben sie zu treiben.
Ins ewige Flammenmeer.
Aus der Hölle greift die Schreckenshand
nach der Erde tiefem Seelenreich.
Und in der Stille, Stund’ um Stund’
treibt die Schreckenshand das Räderwerk voran...
Die Schreckenshand ist Leere und Wahrheit ihre Flammen,
treibt voran, Seele und Gebein
immer tiefer ins Höllenreich hinein...
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Der Abend
Fahl, bleich, klamm und kalt.
Vergilbt, verblasst, faul und alt.
Trüb, sterbendes Gesicht im Abendrot... fort...
Verblasst, die Erinnerung an alte Tage... fort...
Immerfort, was einst so kraftvoll hat begonnen.
Hinfort, des Lebens Wärme stirbt in der Abendsonne...
Bald, fällt der Geist aus alten Tagen... fällt...
Trüb, die Wirklichkeit von stolzen Tagen...fällt...
Tod zieht herauf vom Herz der Erde,
holt sich was ihm einst gehörte.
Tod ergießt sich in das alte Herz,
mit Angst und Schrecken, Leid und Schmerz...
Kalt ist der Flügelschlag des Sterbens.
Faul, den Geist verlässt sein Leben... faul...
Trüb, die Wirklichkeit versinkt im Nebel... sinkt...
Immerzu treibt der Abend den Tag in die Nacht hinein.
Immerfort treibt das Sterben das Leben in den Tod hinein...
Tod zieht herauf aus der alten Sphäre,
trennt Seele und die Frucht der Erde.
Kalt ist der Flügelschlag des Sterbens,
treibt so stetig und unbarmherzig (das) Leben hinfort...
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Die Nacht
Gefallene der Nacht...
Raunend inmitten glanzloser Nebelfelder,
zu den Wurzeln uralter Wälder,
zu den Füßen steinalter Gebirge.
Gefallen an der Nacht...
So fühlte und so träumte ich,
was Sterben ist und was Leben war.
So eröffnet nun das Erbe der Dunkelheit
und bringt uns ein die Ernte der Erde.
Gebettet in kaltem Moos (weich),
ein Schlummer, den die Sonne brachte.
Klamm wird bald schon das Erwachen sein (klamm und kalt),
an den Felsen bleierner Ströme.
Eis und Glut, das Feuer der Frostflamme.
Ein Schimmer selbst in den schwärzesten Höllen,
ein Stich sogar in des Gläubigsten Herzen,
Hoffnung selbst den fliegenden Toten
und Träume sogar den Gefallenen der Nacht.
Das, was uns die Nacht gebar,
wird nie heilig und niemals Diener sein.
Lange und beschwerlich war Dein Weg,
Reisender, gebeugt auf Deinen Stab,
Dein Blick in unbekannte Leere,
Dein Licht schon lange erloschen.
Folge nun den Irrlichtern,
dem fahlen Glanz in eiskalter Ferne,
denn so, und nur so wirst Du zu uns,
den Gefallenen der Nacht gelangen.
Es war die Nacht, als sie noch so sternenklar glomm;
Es war der Frost, der noch das Blut gefrieren ließ;
Es waren die trämenden Zeiten, die im Sturm des Schlafes ersticken ließen
und mit dem Erwachen den Tod brachten,
den Tod über Äonen und Welten.
Die letzten Tage einer anderen Welt,
im blau - erstarrten Leichenreigen,
und inmitten verdammter Schmezensreihen,
stirbt sogar Gevatter Tod.
Nicht im Jenseits, nicht im Diesseits,
nur dem ewigen Sterben erlegen;
so brechen auf die alten Wunden
und in Trümmern liegt die schwarze Sonne.
Es geht nun zu Ende, Dein Ziel hast Du erreicht.
Die Last von Deinen Schultern genommen,
den letzten Atemzug getan
siehst Du nun in den letzten Träumen Deiner Zeit eine Welt...
Eine Welt, die niemals war und die niemals sein wird.
Eine Welt, die nur dem Tode erliegt.
Gefallene der Nacht, Phantome älterer Erinnerungen.
Gefallen an der Nacht, ein Leben mit den Wiedergängern.
Gefallene der Nacht, ein Hauch, ein Geist... Sehnsucht.
Gefallen an der Nacht, der Winter allen Lebens.
Leise fällt Schnee auf endlose Totenäcker
und mit ihm legt Stille sich nun
auch über die Gefallenen der Nacht.